Facebook? Ich? Niemals. Ich will keine virtuellen Freunde, keine Nachspürer, will mich nicht im Netz neugierigen Blicken preisgeben, in Werbefluten versinken. Ich will auch nicht immer genau wissen, welcher meiner leibhaftigen Freunde und Bekannten, die auf Facebook unterwegs sind, wann was macht, wer sich gerade wo befindet und wer gerade was mit wem isst. Und niemand soll all dies von mir lesen müssen. Dessen war ich mich sicher, spätestens nach diesem Schlüsselerlebnis: Eine Freundin berichtete im kleinen Kreis vor zweieinhalb Jahren im Sommer, dass sie sich am Wochenende ihre sekundären Geschlechtsmerkmale versengt hatte, wie man so etwas halt unter Mädels erwähnt. Sie hatte es kaum ausgesprochen, als es aus dem Munde einer der Anwesenden tönte „Ja, ich weiß, hab‘ ich auf Facebook gelesen.“ Das waren also die Dinge, die man einander dort mitteilt. Nein, das war nichts für mich – never. Ja, so war das vor zweieinhalb Jahren. Seitdem hat sich vieles geändert. Unter anderem habe ich begonnen, hier auf WordPress Texte zu veröffentlichen. Wer schreibt, will gelesen werden. Werde ich aber nicht. Das sagen mir die (anonymen) Zahlen auf der Statistikseite. Wie sollte ich auch? Es weiß ja kaum jemand davon. Aber wie macht man einen Blog publik? Ich könnte an alle Menschen, die ich kenne, eine Rundmail schreiben und sie darauf hinweisen, dass es eine Webseite mit Texten von mir gibt. Aber in Sachen Eigenwerbung war ich noch nie gut. Viel besser gefiele es mir, wenn die Leute nebenbei davon erführen und meinen Blog besuchten, weil es sie wirklich interessiert, nicht nur aus Pflichtgefühl. Und ich möchte Feedback, will wissen, wie meine Texte ankommen, was ich besser machen kann oder ob ich die Schreiberei lieber doch wieder auf ein „geheimes Logbuch“ beschränken sollte, weil die Sachen, die ich so niederschreibe, niemanden interessieren. Also habe ich nochmal nachgedacht – auch über Facebook. Ich habe in Sachen Privatsphäre recherchiert und war erstaunt, was man so alles verbergen kann. Wochenlang habe ich den Gedanken an einen Facebook-Account mit mir herumgetragen. Schließlich wirft man Prinzipien nicht leicht über Bord, vor allem, wenn man, wie ich, aus ihnen nie ein Geheimnis gemacht hat, aber … I did it! Letzte Woche habe ich einen Account angelegt – unter meinem richtigen Namen und mit einem echten Bild von mir, denn dieses Blogs wegen will ich ja gefunden werden, gerne auch zufällig. Dann habe mich in die Privatsphären-Einstellungen vertieft, das allermeiste von „öffentlich“ auf „nur Freunde“ oder „nur ich“ umgestellt. Ich werde die „Enge-Freunde-Liste“ nutzen und plane, eine „Business-Liste“ anzulegen, sobald ich mal eine Freundschaftsanfrage von jemandem bekomme, mit dem ich nur geschäftlich Kontakt habe(n will). Ja, ich habe jetzt einen Facebook-Account, aber ich werde nicht aus Versehen eine Partyeinladung an die Welt schicken, nicht posten, dass ich eine Käsestulle esse, einen zweiten Gin Tonic trinke oder wo mir gerade ein Pickel wächst. Ich stelle keine Bilder aus glücklichen Tagen ein, klicke nicht unüberlegt irgendwo auf „gefällt mir“ und nutze alle Möglichkeiten, Werbung zu verhindern. Und ganz sicher werde ich, hier wie dort, nur eigene persönliche Dinge ausplaudern (wenn überhaupt), nie den Namen anderer nennen (es sei denn, es ist mit ihnen abgesprochen) und die Öffentlichkeit auch nicht wissen lassen, wer meine FFreunde sind. Denn Privatsphäre ist immer auch die Privatsphäre der anderen. Und ich weiß sehr genau, dass FFreunde etwas anderes sind als richtige Freunde, es aber durchaus eine Schnittmenge gibt. Also dann: Wir sehen uns auf Facebook!
To Facebook or Not to Facebook
02 Montag Feb 2015
Posted (Zwischen)menschliches, Facebook
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