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Kategorien-Archiv: Reisen

Fünf Wochen Marseille – ein Experiment (II)

07 Donnerstag Jan 2016

Posted by anette quentel in Marseille, Reisen

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Schlagwörter

Blog, Marseille, Quentel

TEIL 2

Das erste Wochenende

Habe am Wochenende dann doch ein bisschen gearbeitet, obwohl das nicht der Plan war. Am liebsten wäre ich einfach nur hier geblieben und hätte aufs Wasser geguckt und mit den Möwen geredet, aber dann trieb es mich doch in die City, die nur 2 oder 3 Kilometer von meinem Viertel entfernt ist. Ich brauchte Lebensmittel (der Supermarkt hier hatte Inventur), Zigaretten, ein Messer, das schneidet, und ich wollte zwei blauen Tischdecken kaufen. Die orangefarbenen Dinger, die hier in dem ansonsten ganz in blau-weiß eingerichtet Häusi herumliegen, störten mein Farbempfinden. Außerdem wollte ich nach diesem Fischmarkt am alten Hafen schauen, an den ich mich von meinem letzten Marseille-Besuch erinnerte. Schon nach zehn Minuten stand ich im Stau. Derzeit wird eine schicke Promenade am alten Hafen gebaut. Das bedeutet eine Riesenbaustelle und nur noch eine Fahrspur – und am Samstagnachmittag wollen offenbar alle in die Stadt, genauso wie in Frankfurt halt. Umkehren ging auch nicht, weil Einbahnstraße… also Stopp-and-Go-te ich mich eine halbe Stunde bis zu einem Parkhaus am Hafen, dessen Fußgängerausgang auf einem anderen Platz lag als die Einfahrt. Ich merkte mir irgendein Museum zur Orientierung und zog einfach los. Irgendwo dahinten musste der Stadtkern sein …

… irgendwo schon, aber nicht da, wo ich hinging. Nach einer Weile fand ich mich in einer Wohngegend wieder, die in eine andere Wohngegend überging. Ja klar, ich hätte meine SCOUTeuse zu Rate ziehen können (mittlerweile funktionierte auch das Handy wieder – war diesmal nur ein Bedienungsfehler gewesen), aber im Grunde genommen gefiel mir das orientierungslose Herumlaufen. Ich atmete die Stimmung der Stadt und lernte so das tunesisch/marokkanisch/algerische, das türkische und das jüdische Viertel kennen. Mit SCOUT wäre mir das alles entgangen. Als ich genug hatte, suchte ich dann aber doch mit elektronischer Unterstützung den Weg zurück ins Zentrum, fand einen Carrefour und ein Tabakgeschäft, wo meine Zigaretten 7,50 Euro kosteten. Gut, dass ich nur auf dem Balkon und damit erheblich weniger rauche als in Deutschland. Einem Laden für Tischdecken bin ich nicht begegnet, aber man kann nicht alles haben. Im Carrefour hat ein kleiner Junge versucht, mir eine Hautcreme aus der Tüte zu klauen, die ich vorher in der Galerie Lafayette erstanden hatte – sehr befremdlich, zumal seine Mutter nicht etwa entsetzt war, sondern nur sehr cool meinte, er solle das doch bitte lassen. Nach dem anstrengenden Einkauf genehmigte ich mir in einem Straßencafé noch einen Pastis, gab mit 80 Cent offenbar zu viel Trinkgeld (die Kellnerin hat mich zwei Mal gefragt, ob ich das ernst meine) und machte mich dann auf den Heimweg. Der war bedeutend schneller erledigt als die Hinfahrt am Nachmittag, und ich war froh, wieder allein daheim zu sein. Im Moment brauche ich weder Trubel noch Menschen. Das Meer, der Himmel, die Möwen und ich sind mir genug.

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Die erste volle Woche

Der Schreibtisch war voll! … eigentlich zu voll, aber das war nicht zu ändern. Und drei Tage lang war es kalt … und windig … und wolkig … und wellig. Am Mittwoch saß ich mit zwei Strickjacken und Wollstulpen an Händen und Füßen vor dem einzigen Elektroheizkörper am Schreibtisch, und meine Nächte habe ich auf der Schlafcouch im Wohnzimmer verbracht. Erstens ist es hier oben wärmer und zweitens kann ich so beim Aufwachen den Himmel und das Meer sehen.

Die Waschmaschine funktioniert, meine Duschkopf-Stützkonstruktion hält. Das Badezimmer teile ich mit einer Kakerlake, vor denen ich mich aber noch nie geekelt habe. Weil sie sich nicht fangen ließ, habe ich friedliche Koexistenz beschlossen und sie angesichts ihrer veritablen Größe eines Namens für würdig befunden: Gregor. Ja, ich weiß, nicht besonders originell, aber passend, und ich mag Kafka.

Ich habe Antwort vom Siemens-Kundendienst: eine Gebrauchsanleitung in PDF-Format – sehr gut. Die orangefarbenen Tischdecken stören mich immer noch.

Das Haus habe ich nur zum Lebensmitteleinkauf verlassen und täglich 10 bis 12 Stunden am PC gesessen, unterbrochen von kleineren Pausen auf dem Balkon, der nachmittags ab etwa 15 Uhr in der Sonne liegt (wenn sie denn scheint). Dann kann ich im T-Shirt draußen sein (theoretisch auch ohne), und auch der Wohnraum heizt sich durch die große Fensterfront auf. Diese Wärme hält sich dann bis zum nächsten Morgen im Haus. Am Vormittag ist es immer kühl. Telefoniert habe ich quasi nur geschäftlich, leibhaftig gesprochen nur mit den Angestellten in den Läden, 5 Minuten mit einem der Nachbarn und am Donnerstag mit Celine, die zum Putzen kam – in High Heels, kleinem schwarzen Kleidchen und Lederjäckchen, dezent geschminkt, mit Fußkettchen am Knöchel und viel französischem Charme. (Zum Putzen hat sie sich aber umgezogen …) Ich kam mir ziemlich „basic“ vor in meinem Riesenpulli + Strickjacke über irgendwelchen Hosen + Wollsocken, ergänzt um die Stulpen und einen Schal, ungeschminkt und mit achtlos zusammengebunden Haaren. Im Vergleich zu mir wirkte sie irgendwie lebendig – eine seltsame Erkenntnis.

Ich bin gern allein. Der ganze Trubel daheim ist weit weg. Meine Kontakte nach Frankfurt beschränken sich auf den Austausch von Kurznachrichten mit einem Freund und dem Empfang ein paar privater E-Mails, die ich nur kurz beantworte. Auch seltsam. Eigentlich schreibe ich sonst immer ganze Romane. Ich arbeite so vor mich hin, lebe meinen eigenen Rhythmus, koche und esse, wenn ich Hunger habe, schlafe, wenn ich müde bin, trinke kaum Alkohol, rauche weniger. Aber ich bin fast durchgängig bei Facebook eingeloggt. Die Plattform ist zurzeit meine Verbindung zur Welt, so lächerlich das auch klingen mag. Ich poste zwar selbst fast nichts blättere aber in meinem News-Stream, nehme so passiv am Leben meiner FB-Freunde teil und markiere mit einem „Gefällt mir“, was mir gerade so gefällt. Mal lustige Dinge, mal schlaue Sprüche, mal Posts von befreundeten Theatergruppen … Ich merke aber auch, dass ich allmählich das Interesse an Bildchen, Sinnsprüchen, sozialverantwortlichen und politischen Statements verliere. Auch die Weltpolitik interessiert mich zurzeit nicht sonderlich. Meinen Info-Bedarf decke ich mit den Schlagzeilen der Google-News. Ich lese keine Tageszeitung- oder Wochenzeitschriften (allenfalls mal eine Kolumne), noch nicht mal den Spiegel und lösche die Branchen- und Frankfurt-E-Mail-Newsletter ungeöffnet. Am Abend zappe ich kurz durch die französischen TV-Programme, und ich habe mir über‘s Internet den Tatort angesehen. Ich werde mit jedem Tag ruhiger, und die Gedankenspiralen entwirren sich, werden zu trägen Flüssen. Ich finde die Ruhe für eine Bestandsaufnahme meiner „Baustellen“ und der vielen „Hochzeiten“, auf denen ich tanze.

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Das zweite Wochenende.

Der Kühlschrank war leer, und die orangefarbenen Tischdecken nervten allmählich wirklich. Zudem befürchtete ich, dass die Farbpatrone meines Druckers nicht bis zum Ende meines Aufenthalts hier durchhält. Das Ladegerät für die Akkus der PC-Maus liegt auch in Frankfurt. Dabei würde es jetzt hier gebraucht…. Ich musste also in die City oder zumindest mal in irgendein Einkaufszentrum mit Elektronikmarkt. Ich entschied mich für ein modernes Shopping-Center am neuen Hafen, den ich mir ohnehin mal ansehen wollte und für eine elektronische Wegweisung, die wunderbar funktionierte, weil mich das Programm um den Stau am alten Hafen herumführte. Nach einer Viertelstunde war ich am Ziel, fand auch einen Parkplatz in der x-stöckigen Tiefgarage, dessen Nummer ich mir sicherheitshalber notiert habe, bevor ich mich ins Gewühl stürzte. Toll an französischen Tiefgaragen sind die farbigen Lämpchen an der Decke (rot/grün/blau). So erkennt man mit einem Blick in eine Parkreihe, ob ein Platz frei ist oder nicht und sitzt nicht irgendeinem Smart oder Fiat 500 auf, deren Hecks man nie sieht. Blau steht übrigens für Behindertenparkplatz.

Das Einkaufszentrum war wie in Deutschland und eigentlich überall in Europa, nur die französische Fassung des Mediamarkts war schlechter sortiert. Ein Akkuladegerät war zwar aufzutreiben, Patronen für meinen Drucker leider nicht. Aber es gab einen Einrichtungsladen mit blauen Tischdecken. Wunderbar! Nachdem ich auch noch ein molliges Strickjackenmonster und ein Paar ziemlich hässliche aber wärmende Socken erstanden hatte (wer weiß, wann mich der Mistral wieder überfällt), warf ich noch einen Blick auf den Hafen selbst (unspektakulär) und freute mich über die gut ausgestattete Lebensmittelabteilung des Monoprix, wo ich dann gleich mal 50 Euro für lauter leckere Sachen gelassen habe, bevor ich mich wieder auf den Rückweg machte. Der gestaltete sich allerdings schwierig.

Die Ausfahrt aus der Tiefgarage war die erste Hürde. Ich muss den Bezahlautomaten übersehen haben, entdeckte aber dann, dass die Fahrer der ausfahrenden Autos Banking-Karten in den Händen hielten. Ich fragte eine junge Frau durch ihr heruntergekurbeltes Fenster, ob man tatsächlich an der Ausfahrt zahlen könne. Sie meinte, das ginge problemlos mit EC-Karte. Erst nach einer halben Stunde war ich am Ausgang (offenbar wollten jetzt alle Shopping-Center-Besucher nach Hause), um festzustellen, dass der Automat meine Karte nicht akzeptierte. Dunkel erinnerte ich mich an die Tankstellen an der Autobahn. Der freundliche junge Mann an der Schranke bestätigte mir meinen Verdacht. So erlebte ich dann mal das Gefühl, Verkehrshindernis zu sein: Zurückfahren ging nicht, also musste ich eine der beiden Ausfahrten mit meinem kleinen ausländischen Auto versperren und „händisch“ bei einer mit einem Menschen besetzten Kasse zahlen. Erstaunlich: keiner hat gehupt oder mich mit französischen Flüchen belegt.

Die zweite Hürde war die eigentliche Rückfahrt: Zuerst habe ich versucht, mich auf meinen Orientierungssinn zu verlassen (klappt in der Regel), muss aber an irgendeiner Stelle falsch abgebogen sein, so dass ich mich in einer total verstopften Einbahnstraße wiederfand: gefangen! Ich nutzte die nächste Gelegenheit zum Abbiegen und tastete mich weiter. Ich behielt immer im Kopf, wo die Küste war und dachte, so problemlos zurück zu meiner Eremitage zu finden. Weit gefehlt: Marseille ist die Nummer eins in Sachen Einbahnstraßen. Vielleicht hat dieser Wahnsinn ein System, aber das hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Nachdem ich das eine oder andere Wahrzeichen der Stadt 2 bis 3 Mal passiert hatte, hielt ich irgendwo an, um Scout zu befragen: Kein Netz, und ich hatte vergessen, die Frankreichkarte zu kaufen, was mir die Offline-Nutzung ermöglicht hätte. Also fuhr ich weiter, immer mal einen Stopp einlegend, bis ich eine Netzverbindung hatte. Dann war alles ganz einfach. Gelernt habe ich dabei, dass (1) man hier an der Ampel losfahren muss, sobald sie gelb blinkt, um ein Hupkonzert zu vermeiden, (2) man als Fußgänger einfach so die Straße überquert in der berechtigten Hoffnung, schon nicht überfahren zu werden und (3) das Reißverschlusssystem hier super funktioniert. Vielleicht kam mir aber auch mein ausländisches Kennzeichen zu Gute. Nach insgesamt einer guten Stunde Irrfahrt und einer weiteren Viertelstunde Parkplatzsuche war ich endlich wieder in meinem Häusi und brauchte erstmal eine Dosis Meer und Möwen, bevor ich meine Einkäufe verstaute. Der Austausch der Tischdecken war mir ein Fest!

Den Sonntag habe ich wechselweise auf dem Balkon, auf der Couch und in der Küche verbracht – auch mit Blog-Schreiben, denn das strukturiert die Gedanken zusätzlich und verhindert, dass ich diese Zeit hier rückblickend anders wahrnehme, als ich sie jetzt erlebe. Darüber hinaus habe ich einen literarisch recht wertlosen, aber sowohl romantischen als auch spannenden Roman gelesen, und es genossen. Und ich koche jeden Abend: Schreiben und Lesen entspannt und Gemüseschneiden hatte für mich schon immer etwas Meditatives.

Es wird wieder wärmer!

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Die zweite volle Woche.

Ich arbeite immer noch viel und lebe ansonsten zunehmend in meiner eigenen Welt, komme immer weiter runter und zur Ruhe, entferne mich zugleich aber auch allmählich vom „echten“ Leben, trotz Arbeit und dem einen anderen mehr oder weniger geschäftlichen Telefonat.

Seit Dienstag ist es jeden Tag ein bisschen wärmer geworden. Ich war wieder schwimmen, aber ansonsten diese Woche nur zwei Mal vor der Tür, und das auch nur zum Einkaufen und Müll entsorgen. Ich koche nach wie vor jeden Abend. Mein Facebook-Account bleibt immer öfter und immer länger geschlossen. Der anfangs noch regelmäßige Kontakt mit dem Freund besteht auch nicht mehr, aber das ist eine andere Geschichte. Gesprochen habe ich in den letzten Tagen mit kaum jemandem: ein paar Sätze mit einem Handwerker, der die Jalousie in der verwaisten Schlafhöhle repariert hat (verwaist, weil ich beschlossen habe, jeden Tag beim Aufwachen den Himmel sehen zu wollen und deshalb auf der Schlafcouch im Wohnbereich nächtige), „Guten-Tag-Bitte-Danke-Schönen-Abend“ beim Einkaufen und gestern ein kurzes Schwätzchen mit Celine, die hier wieder alles gesaugt, gewischt und die großen Fenster geputzt hat. Das muss man eigentlich fast jede Woche, weil das Meer vor der Tür mit Salz um sich wirft.

Habe „Freiheit“ von Jonathan Franzen gelesen – tolles Buch!

Dadurch, dass es hier so ruhig und ereignislos ist, nehme ich Veränderung in meiner direkten Umgebung stärker wahr. Vormittags mäandern immer ein paar Kormorane vor dem Balkon herum. Erstaunlich, wie schnell diese Dinger unter Wasser schwimmen können. Ihre Fliegerei ist dagegen eher bemitleidenswert. Mittlerweile glaube ich auch, erkennen zu können, in welcher Stimmung sich die Möwen gerade befinden. Sie schreien nicht immer gleich, sondern variieren von „zärtlich“ über „neugierig“ und „ein bisschen beleidigt“ bis hin zu „echt sauer“. Ich habe eine für mich neue Vogelart entdeckt, aber noch nicht näher bestimmt. Sie tönt ein bisschen wie Turmfalken. Nachts läuft manchmal irgendwo unten eine Ratte herum und fiept leise. Die Zikade vom Felsen nebenan ist weitergewandert oder ist das Opfer irgendeiner Nahrungssuche geworden. Mein gepanzerter Mitbewohner Gregor ist noch da, aber wir sehen uns selten. Er ist auch immer ein bisschen pikiert, wenn ich ihn überrasche, und da ich ein diskreter Mensch bin, mache ich jetzt abends immer zuerst das Licht an und warte drei Sekunden, um ihm die Chance zu geben, sich auf seinen Krabbelbeinchen unter den Waschtisch zu verziehen.

Mein Schlaf-Wachrhythmus verändert sich weiter. In den letzten zwei Tagen bin ich schon ganz früh eingeschlafen und war dafür um vier Uhr wach und ausgeruht. Um diese Zeit fallen immer ein paar Sternschnuppen vom Himmel, aber sie sind zu schnell, als dass ich mir etwas wünschen könnte.

Habe Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg von Jonas Jonasson gelesen – sehr lustig.

Ach ja: Jeder Sonnenuntergang ist anders!

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Ich bin noch immer gern allein. Heute ist Halbzeit, Zeit für eine Zwischenbilanz:

  • Eine Weile allein ohne den üblichen Trubel ist gut für die Seele. Das Meer und der Wind ordnen die Gedanken. Vieles relativiert sich.
  • Nicht reden zu müssen, tut gut.
  • Kochen macht mir immer noch Spaß. Habe ich den letzten zwei Jahren selten gemacht, werde ich aber wieder öfter tun. Mir schmeckt das Zeug, das ich koche.
  • Man kann auch ohne Spülmaschine leben, aber mit ist besser 😉
  • Bücher lesen entspannt. Dazu habe ich mir lange keine Zeit mehr genommen. Das wird sich ändern.
  • Keine Abendtermine zu haben, ist wunderbar. Das nimmt den Zeitdruck aus dem ganzen Tag.
  • Man kann frieren und trotzdem braun werden.
  • Ein Leben ohne Waage und Gewichtsstatistik ist prima. Mit der täglichen Wiegerei macht man sich unnötig Stress.
  • Alkohol ist überflüssig, aber ohne Zigaretten geht es aber im Moment nicht.
  • Bettwäsche auf einem wackeligen „Flügeltrocknet-Gestell“ aufzuhängen ist kein Spaß.
  • Wenn ich mal alt bin, will ich am Meer wohnen.

Meine Auszeit tut mir sehr gut. Nach heutigem Stand würde ich es hier noch eine Weile länger aushalten als ein paar Wochen, wenn man das Haus gescheit heizen könnte … Vielleicht sollte ich aber für jedes Jahr eine solche Zeit einplanen – oder mein Leben in Zukunft so gestalten, dass das gar nicht nötig ist: ein paar „Baustellen“ zuschütten und ein paar „Hochzeiten“ absagen.

Die dritte und vierte Woche

Das wird ein kurzes Kapitel. Ich ziehe mich immer weiter zurück, gehe alle zwei/drei Tage nach draußen, wenn der Kühlschrank leer ist, habe quasi nur noch geschäftlich Kontakt nach Deutschland. Die Tage sind gleichförmig und friedlich. Die Welt wird mir zunehmend egaler. Die Arbeit am PC, das Meer, das Wetter, die Möwen und die vorüberziehenden Boote und Fähren sind meine Unterhaltung. Ich schicke meine Gedanken spazieren – und ich lese Bücher.

Habe Aleph und Untreue (beide von Paolo Coehlo) und Der Horizont von Patrick Mondiano verschlungen. Bin in alle drei völlig abgetaucht.

Ich schreibe keine Blogtexte mehr. Es gibt ja auch nichts zu berichten und wenn man nicht gerade Goethe heißt, sind innere Monologe für die Leser meist langweilig. Morgen kommt meine Freundin für zwei Tage. Dann werde ich wieder reden müssen und vor die Tür. Ich freue mich sehr auf sie, bin aber auch gespannt, wie sich das anfühlt. Was ist, wenn ich den Mund nicht aufkriege?

Die letzte Woche

Das waren zwei sehr schöne und wichtige Tage. Wir haben viel geredet; mundfaul war ich allenfalls in der ersten halben Stunde. Und wir haben bei 21°C und strahlendem Sonnenschein ein kleines Touristenprogramm absolviert: Notre Dame de la Garde, in der vor allem die vielen kleinen Ölgemälde an den Wänden auffallen, den alten Hafen (hinter der Baustelle) einschließlich Riesenradfahrt, die Kathedrale, die so aussieht, wie Kathedralen nun mal aussehen, und am zweiten Abend ein Dinner in einem kleinen Hafen bei mir um die Ecke – Bouillabaisse, begleitet von Wein und gefolgt von einem Dessert. Hat uns so viel gekostet wie ein Degustationsmenu in einem 1-Sterne-Restaurant in Frankfurt. Aber egal. Lecker war’s. Am Sonntagmorgen habe ich sie zum Flughafen gefahren und danach den direkten Weg nach Aix-en-Provence eingeschlagen. Dort bin ich nach einem recht schlechten Croissant mit noch schlechterer Konfitüre einfach nur durch die Stadt spaziert und auf Märkten herumgestrolcht und habe alles auf mich wirken lassen.

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Zurück in meiner Eremitage habe ich mich zwei Stunden lang ein bisschen allein gefühlt, aber dann wieder meinen Rhythmus aufgenommen: arbeiten, Meer gucken, lesen, Gedanken spazieren schicken – eine letzte Woche lang.

Habe Die Frauen von T.C. Boyle und Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes gelesen.

Die Koffer sind gepackt und alle Entscheidungen getroffen (war am Ende ganz leicht). Morgen geht es zurück. Ein letzter Sonnenuntergang, zugegebenermaßen mit Tränen in den Augen, aber auch mit Riesenfreude auf die Menschen und Dinge, die mir wichtig sind. Wer und was das ist, weiß ich jetzt.

Die Rückreise

Abstecher nach Nîmes zu meiner Großcousine, von der ich bis vor einem halben Jahr gar nicht wusste, dass es sie gibt. Aber es gibt sie – und sie ist bombennett. Nach einem formidablen Bœuf Bourguignon und anderen französischen Köstlichkeiten mache ich mich auf den Weg gen Nordwesten. Das Tanken erledige ich mittlerweile sehr souverän, halte wie selbstverständlich die Geschwindigkeitsvorgaben ein und bemerke die Dauerblinker kaum noch. Ich lasse die letzten Wochen Revue passieren, im Radio läuft Musik des Sohnes meiner Großcousine, der Mitglied einer Band namens Fysh ist: Metal, aber mit erkennbaren Melodien. Die Fahrtroute habe ich ausgedruckt, falls meine SCOUTeuse mal wieder eine Auszeit nehmen sollte … genau das tut sie auch. Und ich bin so in Gedanken, dass ich Basel mit Genf verwechsle und prompt auf der falschen Autobahn lande. Vor irgendeinem nahenden Autobahnkreuz halte ich auf dem Standstreifen, um mich zu orientieren. Ja, ich weiß schon, dass das verboten ist, aber was sollte ich denn machen … Wie sich herausstellt, bin ich völlig falsch und habe mir mit meiner Gedankenduselei einen Umweg von 150 Kilometern eingebrockt. Jetzt passe ich besser auf und komme tatsächlich ohne weitere Fehlfahrten in Besançon an, wo ich in einem Motel die Nacht verbringen will.

Der Portier ist noch da, aber das Restaurant geschlossen, und ich habe Hunger! Also wieder ins Auto und rein in die „City“, wo ich mich in einer Straße wiederfinde, die ein bisschen an die hintere Zeil erinnert. Es gibt diverse Imbisse und einen Pizza-Hut-Takeaway. Ok, so hungrig bin ich dann vielleicht doch nicht. Kurz bevor ich aufgeben will, stoße ich auf einen kleinen Italiener: ganz einfach eingerichtet, aber mit einem Holzofen und fast vollbesetztem Gastraum. Nach der üblichen blöden Frage „Table à deux?“ – sehen die eigentlich alle doppelt? Ich bin allein! – bekomme ich einen der letzten Tische. Der Wein ist so „na ja“, aber die Spaghetti Arrabiata sind sensationell. Ich gönne mir noch ein hausgemachtes Tiramisu, das locker für eine sechsköpfige Familie gereicht hätte und so viele Kalorien hat wie zwei Portionen Currywurst mit Pommes weiß. Weil mir das aber gerade sehr egal ist (hatte ja wochenlang keine Waage und habe keine Ahnung, welchen Schaden das regelmäßige Essen in Marseille angerichtet hat), verputze ich das ganze Dessert, rolle mich zurück in meinen Kleinwagen und falle eine halbe Stunde später auf meine Motel-Schlafstatt. Nach dem morgendlichen Auschecken und einem klassischen Motel-Frühstück geht es zurück auf die (richtige!) Autobahn und weiter gen Frankfurt.

Fazit (ein paar Wochen später)

Es war eine gute und wichtige Zeit, aber sie hat mich stärker aus dem Alltag geworfen als ich vorher vermutet hätte. Die Wiedereingewöhnung ist mir schwergefallen. Nachdem ich von der Überholspur direkt auf die Standspur gewechselt hatte, konnte ich mich nicht wieder zum Einfädeln entschließen. In der ersten Zeit habe ich mich so gut es ging zuhause verkrochen, das Haus fast nur verlassen, um ins Büro zu gehen. Ich glaube, ich habe versucht, mein „Marseille-Gefühl“ zu verlängern. Ganz allmählich habe ich aber wieder Fahrt aufgenommen, zunächst auf der Kriechspur, später im Normaltempo. Auf die Überholspur will ich nicht zurück. Muss ich auch nicht J

Würde ich es wieder tun? Ja! Innezuhalten, sich mal rauszuziehen aus allem, um an einem anderen Ort, vor allem am Meer, zu leben und zu arbeiten, ist wunderbar. Es klärt die Gedanken, relativiert Vieles und ohne Druck fallen Entscheidungen von allein. Man muss sie nicht gewaltsam fällen.

PS: Meine Waage zuhause hat ein Machtwort gesprochen. Die drei Kilo, die ich dank der regelmäßigen Zufuhr leckerer, aber kalorienreicher Mahlzeiten zugelegt habe, werden gerade entschieden abgebaut.

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Fünf Wochen Marseille – ein Experiment

31 Samstag Okt 2015

Posted by anette quentel in Marseille, Reisen

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Anette Quentel, Blog, Marseille

TEIL 1
Warum ich bin, wo ich bin

Die Sonne geht unter – quietschpink und rotfeuerlich. Unter mir grummelt und ploppt das Meer, in den nahen Felsen wohnt eine Zikade, neben mir momentan zwei Männer im „besten Alter“, die Opernarien hören.

Ich bin allein – weil ich das so wollte, allein in einem Land, dessen Sprache ich nur rudimentär beherrsche, an einem Ort, der mir das Gefühl vermittelt, auf dem Meer zu leben. Und heute, am fünften von 32 Tagen, bin ich mir sicher, dass es eine gute Entscheidung war, hierherzukommen.

Im Mai, als mir nach eineinhalb sehr turbulenten Jahren das Leben und mein Gefühlschaos in fieser Kumpanei endgültig über den Kopf zu wachsen drohten, habe ich kurzentschlossen diese Fischerhütte gebucht direkt am Meer. Overworked, underloved, underslept und underfed. Gefangen in (zugegebenermaßen größtenteils selbstauferlegten) Pflichten und immer unterwegs zu irgendeinem Termin oder Event wollte ich nur noch weg – von allem und allen. Ich erinnerte mich an das Buch „Das große Los“ der Journalistin Meike Winnemuth, die nach einem Millionengewinn bei Günter Jauch ein Jahr lang jeweils einen Monat lang in einer anderen Stadt auf dieser Welt gewohnt hatte. Diese Idee hatte mich nie ganz losgelassen. Einen Millionen-Gewinn habe ich zwar nicht im Rücken, aber weil wir in einer Welt der unendlichen Erreichbarkeit legen, kann ich überall arbeiten. Genug Geld für die Fahrt und ein paar Wochen lang doppelte Miete ist auch da.

Seit der Buchung im Mai hat sich vieles relativiert, geklärt, geändert, auch verbessert, aber ich lebe immer noch auf der Überholspur. Deshalb musste und wollte ich diese Reise machen. Der Gedanke, ein paar Wochen am Meer zu leben, ist einfach nur berückend. Außerdem will ich wissen, wie es sich anfühlt, wirklich allein zu sein, keine Kompromisse eingehen zu müssen und (abgesehen von den Abgabeterminen meiner Projekte) keine Termine zu haben … eine Mischung aus „Mal was anders machen als sonst“ und Selbstversuch: ein Experiment. Ich bin gespannt, was und wer mir wirklich fehlen wird und, um es mal im Psycho-Jargon zu sagen, was das so mit mir macht. Heute ist zwar alles besser als noch vor einem halben Jahr, aber meine alte Gelassenheit und die Fähigkeit, immer alles positiv und mit Humor zu betrachten, haben sich noch nicht vollständig wieder eingestellt. Vielleicht finde sie hier wieder.

  1. Reisetag

Am Vormittag ging‘s los. Mit Vorfreude, aber noch in Abschiedsgedanken machte ich mich auf den Weg. „Du denkst zu viel nach. Das ist nicht gut“, sagt mir ein kluger Mensch immer mal wieder. Dass er Recht hat, zeigt sich schon darin, dass ich in Frankfurt gleich zweimal die richtige Auffahrt verpasst habe und eine halbe Stunde auf den diversen Autobahnen herumgekurvt bin, bevor ich auf der A5 gen Süden war. Bis Lyon wollte ich kommen, dort übernachten und die letzte Etappe am Mittwoch fahren. Auf den Tankstellen in Frankreich habe ich gelernt, dass es Zapfsäulen gibt, die mit Kartenzahlung funktionieren, allerdings weder mit Visa noch mit meiner Sparkassen-Maestro-Karte … an anderen Säulen darf man einfach lostanken und an der Kasse zahlen. Das waren dann meine. Auf den Autobahnen selbst habe ich gelernt, dass Franzosen gerne mal blinken, auch wenn sie nicht die Spur wechseln wollen. Irgendwann habe ich ein Gefühl dafür entwickelt, wann ein Blinken ernst zu nehmen ist und wann nicht. Und wie französische Blitzgeräte aussehen, weiß ich jetzt auch … bin gespannt, ob die mich ausfindig machen. Die Straßen waren fast frei, vor allem die Mautstraßen (ein Luxus, der mich etwa 60 Euro kostete) … na ja, fast frei: Kurz vor Lyon erwarteten mich der Feierabendstau, ein Tunnelbaustellenstau, ein Unfallstau und in der Stadt selbst geriet ich in einen sintflutartigen Regen, der für zehn Minuten alles zum Erliegen brachte. Ich hatte kein Hotel gebucht – wusste ja nicht, ob ich es bis hierher schaffen würde – und fuhr ein bisschen orientierungslos herum. Den Gedanken, über irgendein Portal zu suchen und online zu buchen, musste ich aufgeben: kein Netz, was ich erstmal auf Vodafone schob. Einen Parkplatz in der City vor einem Mercure-Hotel nahm ich dann als Wink des Schicksals und blieb. Die Übernachtung kostete mich ein kleines Vermögen, aber das war dann auch schon egal. Das Hotel-WIFI funktionierte so halb gut, und nachdem ich die aufgelaufenen knapp 100 Mails gescreent und festgestellt hatte, dass keine eine sofortige Aktion erforderte (danke Ralf J), ging es mir sofort besser. Ich fand ein kleines Restaurant in der Nähe und genehmigte mir ein 3-Gänge-Menu mit politisch total inkorrekter Foie Gras, allerdings gefolgt von Bio(!)-Rind und einer sehr unfranzösischen, aber traumhaften Panna Cotta, begleitet von einem Pastis und einem Glas Landwein, das besser war, als der Inhalt so manchen 15-Euro-Fläschchens zuhause. Dass ich nach gut 7 Stunden Autobahn und diesem kulinarischem Abschluss einigermaßen erschöpft um 22 Uhr in die Luxuskissen sank, bedarf sicher keiner Erklärung.

  1. Reisetag

Am Morgen sah die Welt gut aus. Das Auto war noch da, die Rückspiegel noch dran und Knöllchen hatte ich auch keins. So gegen 9 Uhr war ich auf der Bahn. Die Landschaft wurde immer mediterraner und alle halbe Stunde stieg die Temperatur um etwa 1 Grad. Gegen Mittag war ich am Ziel – bei 21 Grad, Sonnenschein, heftigem Wind, aufgewühltem Meer und gut zwei Stunden zu früh. Um drei sollte ich den Schlüssel bekommen. Also saß ich erstmal eine halbe Stunde auf einer Aussichtsplattform direkt neben meiner zukünftige Bleibe herum, las die Geschichte des Chateau d’If und sog das wilde Meer und die Sonne in mich auf, um dann die Gegend zu erkunden, in der ich die nächsten knapp fünf Wochen verbringen sollte. Ich entdeckte einen Bäcker, einen Metzger, ein Blumengeschäft, ein paar Lokale sowie einen kleinen und einen sehr kleinen Supermarkt – alles da was man so braucht! Nach einem Snack war es fast drei; ich also zurück zum Treffpunkt.

Corinne kam, mein Kontakt für die Übergabe: „Hi, I am Corinne, are you … Anette?“ – „Yes“. – “Don’t you have any luggage?” – Of course, but still in the car.” Handshake. „Do you speak French?” – „Pas assez bien, je crois” – „Ok, we do it in English. I show you the house.” Sprach’s und ging auf eine verrostete Gittertür am Ende der Aussichtsplattform zu, die sicher schon die ganze Zeit da, mir aber gar nicht aufgefallen war, bewaffnet mit einem gut bestückten Schlüsselbund. Der rote Schlüssel war für diese Tür, die immer doppelt abgeschlossen sein musste (rot = rostige Tür, kann ich mir merken). Hinter der Tür führten (wie ich mittlerweile gezählt habe) gut 60 ebenso steile wie ungleichmäßige Treppenstufen in die Tiefe. Der runde Schlüssel war für die nächste Tür, die ebenfalls immer zwei Mal abgesperrte werden musste (runder Schlüssel – rundes Schloss, kann ich mir auch merken). Wir standen auf einem etwa 2 Meter breitem Weg: rechts drei Fischerreihenhütten, links, in etwa 5 Meter Tiefe, das Meer. Gleich die erste Haustür war meine. Der schwarze Schlüssel war für die elektrische Jalousie, für deren Betrieb man aber einen Trick anwenden muss (schwarzer Schlüssel plus Trick = graue Jalousie, na, ob ich mir das merken kann?). Der eckige Schlüssel gehörte zur eigentlichen Haustür, die man zwar einfach aufschließen kann, aber deren Verschluss mit einem anderen Trick verbunden ist (eckiger Schlüssel plus Trick ….). Offenbar schaute ich ein bisschen verwirrt … „No problem, you will learn that soon“, sagte sie und entschwand im dunklen Haus. Ich folgte ihr. Was sonst.

Sie führte mich in ein stockdunkles Räumchen. „This is the sleeping room.“ Der Holzladen des Fensters war kaputt und ließ sich nicht an der Hauswand befestigen, so dass sie mir empfahl, ihn immer geschlossen zu halten. Wie jetzt: Ich soll ich in einer Höhle schlafen? No way, dachte ich, sagte aber erst mal nix; den ollen Holzladen würde ich schon in den Griff bekommen. Dann meinte sie, ich solle das Fenster immer gekippt lassen, weil es im Haus ein Feuchtigkeitsproblem gäbe. Ach ja, interessant. Dann zeigte sie mir zwei Wandschränke. Der kleinere in der Schlafhöhle war zu 60% mit Decken und Kissen befüllt. „Here is space for your things“ 40% der Regalfläche sollten also mir gehören. Ok, das dürfte für Kleinkram, Hosen und T-Shirts reichen, dachte ich. Es gab ja noch den großen im Eingangsbereich, den sie aber irgendwie gar nicht erwähnte. Auf meine Frage meinte sie. „Oh, this one is full of things of the owner. Better don’t touch. The doors are broken anyway.” Nö, nö, nö, so ginge das nicht, sagte ich. Ein bisschen widerstrebend öffnete sie sehr vorsichtig den rechten Teil des Schranks, wies mir eine leere Kleiderstange direkt über dem Putzzeug zu und bläute mir nochmals ein, wie fragil das Teil sei und dass ich sehr vorsichtig sein müsste. Ich war’s erstmal zufrieden. Sie sprang die enge Treppe nach oben. Dort sollten das Bad und der Wohn-/Kochbereich sein. Waren sie auch. Auch hier alles dunkel. Sie tastete sich durch den Raum drückte den Jalousienknopf und da war er: der Blick, der mich für alle Seltsamkeiten entschädigen sollte, die ich bisher gesehen und von Corinne gehört hatte. Himmel, Wasser, Sonne, Chateau d’If und ein paar weitere Inseln und Felsen, Möwen, Wellen, Boote … wunderbar! Ich begutachtete den Balkon und stellte fest, dass er eine Flucht mit der Felsenküste bildete und ich gefühlt über dem Meer schwebte (siehe Titelbild). Und weil meine Hütte eine Eckehütte ist, war auch der Blick nach rechts frei. Ja, hier wollte ich bleiben und sein. Nachdem ich mich ausreichend begeistert hatte, zeigte sie mir die Kochecke (Deckenhöhe max. 1,80) und erklärte mir, dass die Spülmaschine nicht funktioniere, wohl aber der Kühlschrank und die beiden Elektroplatten, und dass es eine Mikrowellen-/Ofen-Kombination gäbe. Die Begutachtung des Badezimmers ergab, dass der Waschtisch nebst Regalen neu, aber der Rest so etwa zehn Jahre alt war − und ja, es gab in dem Haus ein Feuchtigkeitsproblem, wie ich unschwer an den Fugen der Dusche erkennen konnte. Außerdem hängt der Duschkopf schlaff in einer ausgeleierten Halterung herum. Um ein fünfwöchiges einhändiges Duschen zu vermeiden, würde ich da wohl was basteln müssen. Der im Internet angekündigte „Wäschetrockner“ ist so ein Flügelteil auf dem Balkon … aber all das konnte mir die Laune nicht verderben. Ich sah nur noch das Panorama und so Sachen wie das witzige Bullauge in der Badezimmerwand, durch das man in den Wohnraum und aufs Meer gucken kann, hörte Wind, Wellen und Möwen …

Ich erfuhr noch, wo die Gebrauchsanleitungen und die Notfallnummern lagen, erhielt mein persönliches Paket Toilettenpapier nebst einer Flasche Kokosduschbad und die Einladung, mich an den Vorräten zu bedienen, die noch vom Vormieter dastanden: Nudeln, Tee, Kaffee, Essig, Öl, etc. Wir tauschten E-Mail-Adressen aus, verabredeten drei Putz- und zwei Handwerkertermine und ich zahlte meine Restmiete plus Kaution. Dazu musste ich ans Auto. Als Corinne erfuhr, dass ich „so viel“ Geld im Auto an der Straße gelassen hatte, fiel sie fast aus allen Wolken. Aber nach drei Türen und dem Hinweis, dass alle mehrfach abgeschlossen werden müssen, hätte ich mir auch gleich denken können, dass die Gegend nicht die sicherste der Welt war. Na, jedenfalls war noch alles da, und nach einem kurzen Schwätzchen, bei dem ich unter anderem erfuhr, dass der Müll einfach unsortiert in irgendeinen der Container am Straßenrand geworfen wird, und nachdem ich noch schnell verifiziert hatte, dass das Wasser lief, die Lampen leuchteten und WIFI funktioniert, war Corinne weg und ich allein in „meinem“ Häuschen. Ich fand einen Aschenbecher und trank einen ersten Kaffee auf dem Balkon. Im Haus soll nicht geraucht werden. Finde ich vernünftig.

Jetzt stand Auto ausräumen auf dem Programm. Wie ich den 22kg-Koffer die Treppen runtergekriegt habe, weiß ich nicht mehr und an den Auszug in knapp fünf Wochen wollte ich gar nicht erst denken. Aber nach 20 Minuten war alles im Haus. Ich inspizierte noch mal den Stauraum, stellte fest, dass der Platz reichte, wenn ich ein bisschen umräumte und goss die bemitleidenswerte Yukka-Palme im Wohnzimmer – erstmal ganz vorsichtig: Verdurstende sollen ja in kleinen Schlucken trinken … Der E-Mail-Check ergab, dass ich heute nix mehr tun musste, aber morgen den Tisch voll haben würde. Fein. Nachdem ich ein paar meiner versprochenen „bin angekommen, alles bestens“ in die Welt geschickt hatte, war es 18 Uhr geworden. Zeit, den vorher entdeckten Einzelhandel zu testen. Ergebnis: Der Verkäufer in der Metzgerei ist Italiener und meint, mein Französisch sei besser als seins, die Kassiererin im Supermarkt ist vor allem mal müde, aber nett und die junge Frau beim Bäcker ist einfach eine junge Frau beim Bäcker. Alle Läden sind gut sortiert. Die Pasteten vom Metzger, der auch eine ordentliche Käseauswahl bietet, und diese Petits Fours aus der Bäckerei werden mein Figurruin sein, wenn ich mich nicht diszipliniere. Ach, ich habe ja noch gar nicht erwähnt, dass es hier keine Waage gibt – und das mir, die seit April 2010 Jahren eine tagesgenaue Gewichtsstatistik führt … Bepackt mit französischen Lebensmitteln kehrte ich in mein Zuhause auf Zeit zurück – sehr zufrieden mit der Welt und mit mir. Die Reparatur des Fensterladens vor der Schlafhöhle verschob ich auf den nächsten Tag. Den Abend verbrachte ich mit einem kalten Dinner (frisches Baguette und diverse Leckereien aus den Fachgeschäften) und damit, durch gefühlte 30 französische Programme zu zappen, um mich aber schnell in meine Dunkelkammer zurückzuziehen und begleitet vom Meeresrauschen einzuschlafen.

Die ersten beiden Tage in der Eremitage

Am Donnerstag und Freitag habe ich vor allem mal gearbeitet – viel gearbeitet. Schließlich war ich zwei Tage im Verzug. Aber alles ging leicht von der Hand, unterbrochen von ein bisschen Facebooken und Buch lesen: The Circle von Eggert. Meine Güte, wann habe ich das letzte Buch gelesen. In den letzten Monaten war ich froh, wenn ich den Spiegel geschafft habe. An ein Buch war nicht zu denken. Aber keine Abendtermine zu haben, bedeutet auch eine andere Zeiteinteilung und Muße, zwischendurch mal eine halbe Stunde Pause zu machen – ein völlig neues Gefühl. Gefällt mir gut.

Schließlich machte ich mich an die diversen Reparaturen: Den Duschkopf habe ich mit einem Streifen Pappe in der Halterung befestigt – geht. Der hölzerne Fensterladen hält jetzt an der Hauswand, nachdem ich ihn mit einer herumliegenden Kombizange festgeklemmt habe: natürliches Licht in der Schlafhöhle! Am Mittwochabend hielt ich den Türknopf vom Badezimmer in der Hand. Das habe nicht wieder hingekriegt, so dass ich ihn nur wieder aufgesteckt habe und jetzt eher nicht betätige. Sollte ich mich aus Versehen im Bad einsperren, hätte ich nämlich ein Problem … Das kombinierte Mikrowellen-/Ofengerät bleibt vorerst ein Rätsel. Als Ofen funktioniert es, als Mikrowelle nicht. Habe einen Hilferuf an den Siemens-Kundendienst mit der Bitte um Zusendung einer Gebrauchsanweisung gemailt … bin sehr gespannt.

Wasser 1

Ich war im Meer schwimmen! Der Weg zum „privaten Meerzugang“ führt durch zwei Tore und über vielleicht 20 Meter unebenes Gelände, das ein bisschen an eine Baustelle erinnert, aber wohl immer so aussieht. Das Wasser war klar und kühl, aber noch warm genug und Neptun ein freundlicher Gastgeber. Abends habe ich für micht alleine gekocht, seit ewigen Zeiten mal wieder. Gefällt mir auch. Wird wieder eingeführt.

Fortsetzung folgt

Kroatien mit Studiosus „me & more“

20 Samstag Jun 2015

Posted by anette quentel in Kroatien 6/15, Reisen

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Blog, Kroatien, Quentel

SONNTAG

Sonntagnachmittags in den Urlaub zu fliegen ist sehr entspannt. Gemütliches Kofferpacken, gute Taxiverfügbarkeit, freie Straßen, keine Schlangen an Check-in-Schaltern und Sicherheitskontrollen. Habe heute zum ersten Mal in einem Ganzkörperscan gestanden. Fühlte sich an wie eine Hoteldusche ohne Wasser. Darüber, was der attraktive Mittfünfziger hinter dem dazugehörigen Bildschirm zu sehen bekam, habe ich versucht, mir keine Gedanken zu machen. Ich war viel zu früh am Gate und habe die Zeit genutzt, mir noch den Spiegel herunterzuladen, was etwa 45 Minuten gedauert hat. ALiebe Lufthansa: An Eurer Netzgeschwindigkeit am Frankfurter Flughafen besteht Optimierungsbedarf!

An den Piloten übrigens auch. Der unsrige brauchte drei Landeanflüge, um den Kranich in Split auf die Erde zu bringen. Den ersten brach er auf halben Weg nach unten mit dem Kommentar ab: „Na, das war jetzt nicht so gut. Das versuchen wir gleich noch mal.“ Auch beim zweiten Mal zog er kurz vor der Vollendung noch mal durch, um das später mit einer „vollen Landebahn“ zu begründen und uns zu versichern, dass das aber alles kein Problem sei, weil wir ausreichend Sprit hätten. Ob ich ihm das mit der Landebahn glauben darf? Vielleicht war es ja einfach auch beim zweiten Mal „nicht so gut“. Jedenfalls wurden ein paar Damen und Herren um mich herum ein bisschen nervös. Während die Mädels das offen kundtaten, wurden die Jungs immer lauter. Sie ließen mit betont fester Stimme pseudo-coole Sprüche und alberne Vermutungen über die Ursachen für all das ab. So kompensiert halt jeder seine Verunsicherung anders. Beim dritten Mal flog unser Held der Lüfte den Flugplatz von der anderen Seite an – mit Erfolg, was dann auch gleich ein paar Landungsklatscher auf den Plan rief, die ich eigentlich schon ausgestorben wähnte. Der Herr Pilot entließ uns mit den üblichen guten Wünschen und der Hoffnung, dass uns alle seine Landungen Spaß gemacht haben – Humor hatte er jedenfalls.

Landung

Ein junger Mann mit einem Studiosus-Schild in der Hand wies uns den Weg zum Bus, der aber noch zehn Minuten warten musste, weil ihm laut Liste ein Passagier fehlte. Ob der wohl die Flucht ergriffen hatte, weil ihm die viele Landerei auf die Nerven gegangen ist? Jedenfalls ist er (oder sie) bis heute nicht aufgetaucht.

Es folgten etwa 30 Minuten Fahrt zum Radisson Hotel**** – ungefähr 4km außerhalb von Split an der Steilküste: modern, mit viel Glas und sehr durchgestylt. Besonders cool waren das bodentiefe Glasgeländer am Balkon (nichts für Menschen mit Höhenangst, zu denen ich aber nicht zähle) und die Tatsache, dass es viele Steckdosen in den Zimmern gab, so dass meine Technik nächtens immer gleichzeitig Futter bekommen konnte. Natürlich bin ich wieder mit allerhand Endgeräten unterwegs; und „umstöpseln“ zu müssen, hätte den Spaß eindeutig gemindert. Den Willkommensdrink habe ich verpasst, weil ich glaubte, erstmal alles in Gang bringen und meine Mails checken zu müssen. Warum ich das nicht einfach über das Händi gemacht habe? Kein Netz! Nachdem es mir vor ein paar Wochen in Basel genauso gegangen war, nahm ich es diesmal gelassener. Wahrscheinlich hatten die Vodafone-Menschen in meinem Account wieder alles außer Inlandsgesprächen abgeschaltet. Das klärende Gespräch mit der Hotline verschob ich auf später, um der üblicherweise 20-minütigen Warteschleife zu entgehen.

Die Abfahrt zum gemeinsamen Dinner mit der Gruppe habe ich dann gerade noch geschafft. Es ging in die Altstadt in ein Restaurant, wo man uns plattenweise Fleisch von allerlei Nutztieren verabreichte, unter anderem etwas, das man „Lamm unter der Haube“ nannte und bei dem Fleisch und Gemüse 2-3 Stunden zusammen in einem Ofen geschmort werden. Ich habe den Verdacht, dass unser Lamm im Lebendzustand eher Steckdosennase und Ringelschwänzchen hatte, aber das will ich jetzt nicht fest behaupten. Es wäre auch egal, denn lecker war’s. Der Wein war auch kalt und trinkbar, die Tischgesellschaft unterhaltsam.

Ach ja, die Gruppe: Altersstruktur zwischen gefühlten Ende 20 und Ende 70 (17 Frauen, 7 Männer). Natürlich gibt es auch hier die Vertreter der Gattungen Plaudertäschchen, Reiseberichterstatter, einsamer Wolf, Naseweis etc., aber alles im Rahmen. Alle sind sympathisch, niemand nervt. Das ist gut. Ob irgendjemand darunter ist, der/die ausreichend viele Gemeinsamkeiten mir hat, um mehr als Small Talk auszutauschen, weiß ich noch nicht. Bei meinem Reiseveranstalter Studiosus steht die Kategorie „me & more“ ja für Trips für Alleinreisende. Klar, dass dazu auch mehr oder weniger latent Partnersuchende zählen. So habe ich dann auch gleich am ersten Abend ein Gespräch mitgehört, bei dem es irgendwie um die Schwierigkeit ging, einen Partner zu finden und bei dem sich über die Vor- und Nachteile von Partnervermittlungen ausgetauscht wurde. Weil ich da nicht mitreden konnte, und ja auch gar keinen Partner suche, hätte ich lieber mit dem Senior an der anderen Ecke des Tisches über den Rücktritt der Deutsche-Bank-Spitze geredet, aber das scheiterte an der Lautstärke um uns herum.

Zurück in meinem Zimmer habe ich dann mit Vodafone telefoniert – die Verschiebung auf den sehr späten Abend war eine gute Idee. Und so wurde ich, nachdem ich der Bandansage glaubhaft versichert hatte, dass ich jetzt keine Informationen über die neuen tollen Angebote wünschte, schnell zu einem echten Menschen durchgestellt, der mein Problem lösen konnte. Ich war wieder freigeschaltet und mein Schwarzbeerchen tat, was es sollte.

MONTAG

Am frühen Morgen bin erst mal zur Meerbesichtigung gestartet, habe ein halbes Stündchen auf einem Stein herumgesessen und Wasser, Fische, Muscheln und Seeigel geguckt. Als ich gehen wollte sprach mich eine alte Dame an, die Miesmuscheln für ihr abendliches Risotto sammelte. Sie erzählte, dass sie vor 60 (!) Jahren Deutschlehrerin war, und verriet mir nicht ohne Stolz ihr Alter (87). Wir plauderten eine halbe Stunde über sehenswerte Inseln, den Krieg und das Älterwerden – ein Thema, dass sie sehr zu beschäftigen schien. Dann fragte sie mich sehr direkt, ob ich denn ganz alleine sei. Himmel, hat sich mein mittlerweile 1,5jähriges Single-Dasein schon in meinen Gesichtszügen niedergelegt? Na, jedenfalls erzählte sie mir, dass sie ihren Mann vor vielen Jahren verlassen habe, weil sie meinte, es sei besser, ab und zu ein bisschen einsam zu sein als zu zweit immer unglücklich. Recht hat sie.

Diokletian

Nach dem Frühstück folgte ein geführter Ausflug in die Altstadt bei blauem Himmel und fast 30°: Besichtigung des Diokletianspalasts, der solange „die Stadt“ war, bis er aus allen Nähten platzte. Er ist komplett bewohnt, und man kann auch Wohnungen kaufen (3.000 Euro/qm, für Frankfurter Verhältnisse also recht günstig). Die Kathedrale ist eher ein Kirchlein, aber hübsch anzusehen. Jeden Tag um 12 Uhr tritt auf dem Platz davor der Kaiser Diokletian (ein gutaussehender junger Mann in einem Faschingskostüm „Modell Römer“ nebst Gefolge) für die Touris auf, lässt ein paar Mal „Ave“ rufen und verschwindet dann wieder. Einen Geldautomaten habe ich auch gefunden. Die Preise hier sind sehr niedrig. Hoffentlich werde ich meine 400 Euro in Kuna überhaupt los.

Nach der Führung sind die meisten in kleineren Grüppchen etwas essen gegangen. Ich habe den einsamen Wolf gegeben, bin durch die Gassen gestreift, habe ein Kleidchen für mich entdeckt, später im Schatten Caprese gegessen (in der kroatischen Variante mit Knoblauch L) und ein bisschen ge-facebooked. In vielen Cafés gibt es Free WIFI. Nach einem großen Eis an der Hafenmauer wurden wir wieder ins Hotel verbracht, wo mittlerweile die kroatische Nationalmannschaft Einzug gehalten hatte. Ihr Bus steht vor der Tür und es laufen drei oder vier Polizisten drumherum. Mehr Sicherheitsschutz braucht es hier offenbar nicht.

Nach der Tippelei bei ungewohnt hohen Temperaturen wollte ich mich ein halbes Stündchen auf ein Nickerchen ins klimaanlagegekühlte Zimmer zurückziehen und dann ans Meer … und bin nach drei Stunden wieder aufgewacht – gerade rechtzeitig für das Abendessen: Buffet, lecker und vielseitig. Den restlichen Abend habe ich mit einem Teil der Gruppe bei einem Gin Tonic verbracht. Dann zog ein Gewitter auf: tolle Vorstellung mit einer enormen Lightshow – fast so gut wie Theater. Außer mir haben das allerdings nur drei der Buben so gesehen. Die anderen verzogen sich auf ihre Zimmer. Uns vier hat erst der Sturzregen vertrieben, der eine halbe Stunden später einsetzte und jetzt allmählich in Landregen übergeht.

DIENSTAG

Sonnenschein! Abfahrt um neun Uhr nach einem formidablen Frühstück. Ich war zu früh dran und kam vor dem Hoteleingang mit einem Fan der Nationalelf ins Gespräch, der auf ein Autogramm lauerte und gehört hatte, dass die Mannschaft um 10 Uhr zum Training führe. Er lauschte mit leuchtenden Augen, als ich erzählte, dass ich schon ein paar von ihnen beim Frühstück und gestern in der Bar gesehen hatte. Dann berichtete er, dass die Spieler hier ganz anders seien als ihre Schnösel-Pendants in Deutschland, wo er 30 Jahre seines Lebens verbracht habe: sehr leutselig, immer zu einem Schwätzchen, Fotos und Autogrammen bereit. Er meinte, sie würden einige ihrer Fans schon kennen und steckten älteren Leuten oder Kriegsversehrten auch mal ein paar Scheine zu – klang irgendwie sympathisch. Dann hat er noch ein bisschen über die steigenden Preise geschimpft und erzählt, dass er es gar nicht verstünde, wie man für eine Nacht in einem Hotel 100 Euro bezahlen könne. Er ginge ja immer nur in kleine Pensionen für höchstens 30 Euro. Dass das Radisson fast 200 kostet, habe ich ihm nicht erzählt. Er meinte, bei den steigenden Preisen in Split würden die Touristen sicher bald wegbleiben. Wer sei schon bereit, 2 Euro (!) für einen Cappuccino zu zahlen. Offenbar hatte er seine Zeit in Deutschland nicht in Frankfurt verbracht oder es ist schon sehr lange her … Als der Rest unserer Gruppe auftauchte, verzog er sich mit seinem T-Shirt, das er zwecks Verautogrammung mitgebracht hatte.

Trogir

Heute standen Stadtarchitektur und Natur auf dem Programm. In Trogir, UNESCO-Welterbe, trafen wir Reiseführerin Susanna wieder, die uns schon den Diokletian-Palast nähergebracht hatte. Zu sehen gab es hier eine schöne alte Stadt mit engen Gässchen und eine Kirche, die sich vor allem mal mit der Sünde beschäftigte: rechts und links des Portals Adam und Eva, zu ihren Füßen jeweils ein Löwe und in der Körpermitte ein Feigenblatt, das zumindest mal Evas Blöße nur sehr unzureichend bedeckte. Adams Mittelstück war dagegen recht ordentlich verhüllt. Direkt neben Eva gibt es ein Relief, das zwei Drachen zeigt, die eine sehr nackte Frau verschlingen. Sie hängt kopfüber und jeder Drache hat ein Bein im Maul – sehr martialisch. Es soll die Vernichtung der Sünde symbolisieren. Die kleine Emanze in mir musste sich mal kurz räuspern. In der Kirche selbst gab es eine Menge Engelsköpfe, schöne Altäre und alles, was zu einer ordentlichen Kirche gehört, einschließlich einem kunstvoll geschnitzten Chorgestühl. In der angrenzenden Taufkapelle schauten viele kleine nackte Engelbuben, auf uns runter, was einen der Mitreisenden zu der Bemerkung „ein Paradies für Pädophile“ veranlasste. Interessant, was für Assoziationen manche Leute haben.

Trogir 1

Gegenüber der Kirche stand eine große Loggia, auf der früher zu Gericht gesessen wurde. Frauen waren als Zeugen nicht zugelassen, „Weil die ohnehin nie die Wahrheit sagen“ … Die anschließende freie Zeit nutzte ich, um zusammen mit einem kleinem Teil der Gruppe den Glockenturm zu besteigen, belohnt von einem wunderbaren Ausblick – was sonst. Und weil ich gerade so schön dabei war, hatte ich auch nichts dagegen, mit einem Gleichgesinnten eine Festung am Ende des Hafens zu „erobern“. Die Turmkletterer sind in dieser Gruppe eindeutig in der Minderzahl.

Fensterblick

Nach einem kleinen Snack ging es weiter in den Naturpark, in dem ein Teil der Winnetou-Filme gedreht worden war. Viel Grün, viele Wasserfälle mit vielen Fischen und kleinen dunkelblauen Schmetterlingen. Natur in Hülle und Fülle. Am Fuße des größten Wasserfalls haben wir uns kurz ins Wasser geworfen. Die Strömung war wie die Gegenstromanlagen in Luxushotels, nur „in echt“ – schön war das. Mittlerweile zog ein Gewitter auf, was dem Rückweg auf einem kleinen Holzsteg durch Unmengen von Grün und vorbei an einer Reihe von kleineren Seen und Bächen etwas Mystisches gab. Die vielen kleinen Wasserfälle mit ihren Strudeln hatten etwas Hypnotisches. Hier wäre ich gerne länger geblieben, aber der Bus wartete.

Nationalpark

So gegen halb sieben waren wir wieder im Hotel. Am Abend war kein Abendessen gebucht, und ich hatte verpasst, mich zu verabreden, so dass ich mich irgendwann allein auf die Suche nach etwas Essbarem machte. Fündig geworden bin ich nach einem Spaziergang am Meer in einem kleinen schicken Restaurant, auf dessen Terrasse ich einen Tisch mit Blick aufs Wasser und die untergehenden Sonne entdeckte, der nur für eine Person gedeckt war – sollte wohl so sein. Die Herren Kellner taten alles, um mir einen netten Abend zu bereiten, brachten mir ein Glas wunderbaren Wein von der Insel Korcula, der eigentlich nur in Flaschen ausgeschenkt wird, und kümmerten sich herzlich um die einzige Alleinreisende im Lokal. Was es gab? Eiweißreicher Luxus: Austern und Riesengarnelen (die besten Austern seit Schottland, groß und festfleischig). So gegen zehn machte ich mich auf den Weg zurück und beendete den Abend mit einem Drink und dem Spiegel (der Zeitschrift, versteht sich) auf dem Balkon und mit Kofferpacken.

MITTWOCH

Pünktlich um Acht ging es los zur Inseltour (überhaupt haben wir während der ganze Reise nie auf irgendwelche Nachzügler warten müssen). Zunächst mit der Fähre nach Hvar, vorbei an einer Reihe von Inseln wie Brac, Ciovo und Solta. Ich habe keine Ahnung, welche davon welche war. Schön waren sie alle – am schönsten die ganz kleinen, die wahrscheinlich gar keinen Namen haben, und bei mir Gedanken an ein anderes Leben ausgelöst haben, eines ohne Uhr, ohne Termine und ohne Verpflichtungen … aber solche Gedanken habe wir ja alle hin und wieder – und kehren dann doch dahin zurück, wo wir herkommen und sind damit wahrscheinlich ganz gut beraten. Erste Station auf Hvar war eine kleine Kirche mit einem Friedhof auf einem Hügel zum „Überblick verschaffen“. Der Friedhof war offen, und an den Grabsteinen hingen zum Teil Fotos der Verstorbenen. Einigen sah man recht deutlich an, wie ihr Leben so verlaufen sein muss.

Weiter ging es ins Örtchen Starigrad, wo wir mit einer kleinen Gruppe einen Künstler in seinem Atelier besuchten, der aus Teilen toter Tiere neue kleine Tiere baute – sehr spannend, skurril und ein bisschen morbide. Mir hat’s gefallen. Im Gespräch erwies er sich als weitgereister Freidenker, der als Selbstversorger ins mietfreie Elternhaus zurückgekehrt war, nie mehr für irgendwen arbeiten möchte und sehr zufrieden mit sich und seinem bescheidenen, aber freien Leben wirkte – ein überzeugter Träumer, dem es gelungen ist, sein Lebenskonzept umzusetzen und die dazu passende Partnerin zu finden (ebenfalls Künstlerin). Seine kleine Tochter würde bald in Frankreich zur Schule gehen und sei genauso drauf wie er, meinte er. Es steht zu hoffen, dass sie nicht irgendwann in den Staatsdienst geht oder irgendetwas anderes Biederes wird. Ich denke, das würde ihn schwer treffen.

Als nächstes machten wir bei einem Winzer/Schnapsbrenner/Imker/Lavendelbauern halt, der aus dem teuren Zagreb mit seinen hohen Mieten irgendwie „gezwungenermaßen“ auf den Hof seiner Schwiegereltern gekommen war – ein Quereinsteiger also. Die Schnäpse und Weine waren recht schrecklich. Die Qualität des Weins begründete er damit, dass sie mit ihm „nichts machen“ würden, weil das zu viel Zeit koste. Er sei also so, wie ihn der liebe Gott in den Fässern reifen lässt. Vielleicht hilft da bei Gelegenheit mal ein kurzes Gebet. Für den gruseligen Schnaps hatte er keine Erklärung. Aber den Honig mochte ich, und beim Lavendeltrocknen haben sie (oder auch der liebe Gott) auch nichts falsch gemacht. Wenn alle Reisegruppen so fleißig einkaufen wie wir, kann er sich bald eine schöne große Wohnung in Zagreb kaufen, aber vielleicht will er das dann gar nicht mehr. Das 100-Seelen-Dörfchen ist nämlich wirklich beschaulich und alles wirkte sehr entspannt – mal abgesehen von der Nachbarin, die sich von uns gestört fühlte.

HVAR_1033

Auf einer Burg oberhalb von Hvar-Stadt gab es dann neben der Aussicht ein altes Gefängnis zu bewundern – schön düster. Ich musste unwillkürlich an den Grafen von Monte Christo denken. Nach dem Abstieg in den Ort brauchte ich erstmal eine Pause, die ich mit einem kleinen Cocktail und einem spannenden Gespräch über das Leben verbrachte – also doch nicht nur Small Talk auf dieser Reise. Wie gut. Nach einem kurzen Rundgang durch die engen Gässchen mit ihren Steinhäuschen, Geranien und der Wäsche vor den Fenstern fiel uns auf, dass der Platz vor der Kirche die perfekte Kulisse für einen Western war – „Do not forsake me, oh my Darling“ und so. Später erfuhr ich, dass der Ort tatsächlich oft als Filmkulisse genutzt wird. Dann sammelten wir uns zur Überfahrt mit einem Katamaran nach Korcula, der Endstation für heute. Der Katamaran war doof. Wir wurden in den Schiffsbauch hinter abgedunkelte Fenster gesperrt, und die Klimaanlage war auf gefühlte 16°C eingestellt. Aber zumindest gab mir das Gelegenheit, mal ein bisschen Text zu lernen. Gegen Viertel vor neun landeten wir im Hotel – mit ausgeschriebenen vier, aber gefühlten 2,5 Sternen: keine Balkone, mittelgutes Essen und kein intaktes WLAN, aber egal. Vielleicht bin ich nur ein bisschen verwöhnt. Alles war ordentlich geputzt und mein Zimmer war riesig. Was sollte ich bloß mit den drei Betten anfangen? Habe das Doppelbett dann als Kofferablage genutzt.

Der Koffer stand auch schon auf dem Zimmer (sehr bequem) und das Buffet war noch ausreichend gefüllt, um uns hungriger Meute zu geben, was wir brauchten. Danach habe ich mal wieder den Anschluss zum Ausgehen verpasst, traf aber an der Bar auf unseren Senior, der allein vor einem Wodka-Lemon saß. Das passte. Nach einer knappen Stunde mit Gesprächen über das Älterwerden, die Finanzmärkte, sehenswerte Reiseziele und ein paar Eindrücken aus seinem Leben sagten wir einander Gute Nacht. Zum Liegen gekommen, merkte ich erst, wie k.o. ich war. Gut, dass ich die anderen verpasst habe, denn dadurch …

DONNERSTAG

… bin ich jetzt auch schon sehr früh wach und habe die letzten zwei Tage protokolliert. Heute wird’s gemütlich: Kleiner Stadtrundgang und ein freier Nachmittag. Ob ich den mit einer Fahrradtour oder ein paar Stunden Strand fülle, entscheide ich später. Jetzt gibt es erstmal Frühstück…

Das war heute eine richtig gute Stadtführung. Der Herr Ivan war nicht nur ein netter Anblick, sondern wusste auch viel und konnte spannende Geschichten erzählen, zum Beispiel, dass die Straßen von Korcula Stadt so angelegt sind, dass sie gegen die Herbst-/Winterstürme schützen und im Sommer für Belüftung sorgen; dass die Korculaner sehr fortschrittliche und vernünftige Gesetze hatten oder dass Marco Polo aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, wie gerne behauptet, hier gewohnt, aber nachweislich zwei Tage im hiesigen Knast gesessen hat. Er berichtete auch über die Theorie, dass der große Forschungsreisende möglicherweise niemals selbst in China war.

Nach der obligatorischen Kirchturmbesteigung mit der Bubentruppe, zu der ich mich von da an immer öfter gesellt habe (oder sie sich zu mir, wer weiß das schon immer so genau), sind wir mit einem kleinen Grüppchen und unserer phantastischen Reiseführerin Patricia mit dem Boot auf eine Insel zum Schwimmen gefahren. Schon die Fahrt dorthin war toll – Wind in den Haaren. Wer mich kennt, weiß, wie gerne ich im, am und auf dem Wasser bin. Patricia hatte einen kleinen, wenig bevölkerten Strand ausgesucht, und mir war nach Schwimmen. Weil ich nicht so recht wusste, wie es dort so mit den Strömungen stand, traf es sich bestens, dass sich auch einer der Mitreisenden im Wasser sehr wohl fühlte. Ich glaube, wir sind fast eine Stunde da draußen herumgeschwommen, haben uns treiben lassen, zwischendurch mal angetestet, wie tief es wohl sein könnte, und ausprobiert, ob wir noch „Rolle rückwärts“ können.

Badeausflug

Ach ja, die Patricia … eine ganz außergewöhnliche Frau mit viel im Kopf, megaviel Charme und einer herrlich lockeren Art. Dass sie zudem ein echter Hingucker ist, sei für die männlichen Leser auch noch erwähnt. Ein tolles Weib also, von der wir eine Menge erfahren und mit der wir viel gelacht, aber auch ganz ernsthafte Gespräche geführt haben.

Zurück auf Korcula sind wir vor dem Dinner nochmal schnell gefühlte 150 Treppenstufen zu einer kleinen Kapelle aufgestiegen, wo es zufällig einen etwas beleibten Herrn zu beobachten gab, der sein Training absolvierte: eine Runde um die Kapelle, 20 Mal Stein stemmen (etwa 10 kg schwer, hab’s später getestet), eine Runde um die Kapelle, 20 Mal Stein stemmen … großer Spaß.

Am Abend sind wir dann mal „auf die Piste“. Diesmal habe ich den Anschluss nicht verpasst. Wir hatten vom Kirchturm aus am Vormittag eine Bar auf einem kleinen runden Wachturm entdeckt, der Teil der Stadtmauer war. Da trieb es uns hin. Über etwas, das man getrost als Hühnerleiter bezeichnen konnte, gelangten wir hoch. Die Getränke wurden mit Hilfe eines Einkaufskorbs über einen Seilzug außen am Turm nach oben transportiert. Na, so zwei drei Körbchen gingen wohl auch an unseren Tisch. Als letzte Gäste verließen wir den Ort und kamen sogar heil die Leiter runter. Aber wir hatten noch nicht genug und landeten für ein Stündchen in einer Kneipe am Rande des Städtchens. Der harte Kern wechselte dann noch in eine weitere Bar, wo es eine (zum Leidwesen der Buben bereits verwaiste) Stange zum Tanzen gab. Wie heißt dieses Ding denn eigentlich im Fachjargon? Einer der Jungs hat sich mal kurz daran versucht – nettes Bild, das wir aber leider nicht festgehalten haben. Der letzte Tequila hat dann auch uns geschafft. Aber wir haben das Hotel gefunden, und ich bin sofort in den Tiefschlaf gefallen. Am nächsten Morgen sollte es weitergehen zum nächsten und letzten Ziel der Reise: Dubrovnik.

FREITAG

Den leichten Brummschädel am Morgen haben wir wahlweise mit Jogging, Sleeping, und in meinem Fall mit Swimming bekämpft – erstaunlicherweise erfolgreich. Das war auch wichtig, denn eine unserer ersten Stationen war eine Weinprobe. Der Weißwein war mäßig und wurde uns als passend zu Spargel verkauft. Ja, der hatte so wenig Fülle, dass er den Spargelgeschmack garantiert nicht überdecken würde. Der rote war wohl gut. Für meinen Geschmack hatte er zu viel Tannin, aber ich bin da beileibe kein Maßstab. Irgendwer hat mal gesagt, für ihn müsse Weißwein teuer und Rotwein billig sein. Dem schließe ich mich an. Die angebotenen Liköre waren dagegen richtig lecker – so lecker, dass ich mich aus Entscheidungsunfähigkeit gleich mit zwei Fläschchen versorgt habe. Die müssen jetzt nur noch heil nach Hause.

Treppen

In Ston wartete die nächste sportliche Herausforderung: Es gab die Option, die Stadtmauer zu besteigen, die sich den Hausberg hochzog – eine Idee, für deren Umsetzung sich trotz Mittagshitze eine kleine Gruppe zusammenfand. Der Rest verzog sich zu Meeresfrüchten in den Schatten. Es gab eine kurze Strecke, eine lange Strecke und eine sehr lange Strecke – viele, sehr viele und megaviele Treppen. Ein paar begnügten sich mit der kurzen Strecke, einige wenige wagten sich weiter. Am Ende stand endgültig fest, wer der Ultrasportler der Gruppe war: Er legte einen Teil der megavielen Treppen aus schierem Bewegungsdrang gleich zwei Mal zurück. Ich fand einen Gleichgesinnten für irgendetwas zwischen „lang“ und „sehr lang“. Weil das alles doch mehr Zeit beanspruchte als gedacht, reichte es nicht mehr zum Lunch, was schade war, weil es in der Nähe einige Austernfarmen gibt. Aber so reichten uns Obst und Wasser aus dem Supermarkt – viel Wasser …

Dubrovnik

In Dubrovnik blieb im sehr schicken Valamar President *****, wo ich ein recht luxuriöses Zimmer im 8. Stock bekam, vor dem Dinner noch Zeit, das Meer zu testen. Nach viel Fisch und Obst zog es uns später noch in die unweite Cave Bar, bzw. auf deren Terrasse zu einem Cocktail. Wer hätte gedacht, dass der nach gestrigen Abend schon wieder schmecken würde. Tat er aber.

SAMSTAG

Nach einem Frühbad im Meer gehörte der Freitagvormittag wieder der Gruppe und einer Stadtführung durch Dubrovnik, das man vom Hotel aus in 20 Minuten mit dem Stadtbus erreicht. Stadtbus heißt zu viele Menschen auf zu engem Raum, aber da mussten wir durch.

Dächer

Am Tor zur Altstadt erwartete uns eine Stadtführerin, die – sagen wir es mal wertfrei – sehr routiniert wirkte. Ja, sie wusste viel, aber besonderen Spaß schien ihr der Job nicht zu machen. Dubrovnik war nach dem Krieg ziemlich zerstört, aber alles wurde wieder aufgebaut. Es gibt Unmengen von Touristen (auch wegen der bis zu 7 (!) Kreuzfahrtschiffe, die hier täglich anlegen), aber in der Mittagshitze hatten die sich irgendwohin verzogen, so dass wir nach der Führung in Eigenregie die Stadtmauer umrundeten. Das dauert eine gute Stunde, ist einfach nur toll und unbedingt zu empfehlen. Es gab Ausblicke, die einen regelrecht verstummen ließen. Wahrscheinlich werde ich mich beim Bildersortieren fragen, was mich sonst so vernunftgesteuertes Wesen dazu getrieben hat, etwa 20 Bilder von Steinen, Mauern, blaugrünem Meer und Dächern zu machen, aber egal. Die Buben haben auch meinen 7. und 8. Panorama-Photo-Stop mit einem Lächeln und sehr geduldig hingenommen. Danke schön!

Meer

Danach waren erstmal Päuschen und Flüssigkeitszufuhr angesagt, gefolgt von einer Bootfahrt auf die Insel Lokrum, einem grünen Miniparadies, das neben einem Pfau und einem frischen Brautpaar (einmal mehr siegte hier die Hoffnung über das bessere Wissen) einen alten Turm zu bieten hatte, der natürlich bestiegen werden wollte. Wir schafften es mit einer Punktlandung zum geplanten Boot, um früh genug für ein kurzes Meerbad im Hotel anzukommen.

Heute war der letzte Abend. Noch vor dem Essen verabschiedete uns Patricia mit Likör und kandierten Früchten am Meer bei untergehender Sonne. Mir fiel „ganz zufällig“ die Aufgabe zu, ihr mit ein paar warmen Worten unser kleines Dankeschön für die Betreuung zu überreichen. Hab‘ ich aber sehr gerne gemacht. Nach dem Abendessen ging es dann mit den Jungs in ein benachbartes Vergnügungssträßchen zum Abschied feiern. Spät ist es geworden.

SONNTAG

Ein fauler Tag. Der größte Teil der Gruppe wurde um 14 Uhr 30 abgeholt, und „meine“ Buben hatten mich zum Winken verpflichtet – war ja klar. So habe ich den Sonntag kurzerhand zu einem Erholungstag erklärt, den ich nach den vielen Eindrücken auch durchaus mal nötig hatte. Es gab so viel Erlebtes, Gehörtes und Gesehenes zu sortieren und zu verarbeiten. Deshalb gibt es zum Sonntag nicht viel zu berichten: Strand, Frühstück, Strand, Winken, Strand, Blog schreiben, Abendessen mit den vier anderen „Verlängerinnen“ und ein schöner langer Abendspaziergang mit einer von ihnen. Und ja, ich gebe es zu: Ihr Buben hattet Recht – Ihr fehlt mir. 😉

MONTAG

Wolken! Nach dem Frühstück machte ich mich auf die Socken, um den Hausberg von Dubrovnik zu erklimmen, den Srd (keine Abkürzung; der heißt wirklich so). Es hätte auch eine Seilbahn gegeben, aber hey: Das kann ja jeder. Zunächst galt es mal wieder mengenweise Treppen zu überwinden, an deren Ende sich irgendwo der Einstieg befinden sollte. Den habe ich aber dummerweise nicht gefunden, und ein junger Mann schickte mich „etwa 500m“ eine ziemlich befahrene Straße entlang. Die 500m-Angabe entpuppte sich als schwere Unterschätzung. Erst nach etwa einer dreiviertel Stunde in gleißender Sonne fand sich ein Schild, das in die richtige Richtung wies. Nach etwa einer weiteren halben Stunde kam ich auf dem Kamm des Hügels an, hatte aber mein Ziel, die Bergspitze, um einen schlappen Kilometer verfehlt.

Abschussrampe

Diese Erkenntnis erforderte erstmal eine Pause mit viel Wasser. Erst dann konnte ich mich zur letzten Etappe aufraffen, vorbei an ein paar Ruinen, Abschussrampen und kaum verschütteten Schützengräben. Oben angekommen traf ich dann auf die viele Menschen, deren Wahl auf die Seilbahn gefallen war, und die erheblich erholter aussahen als ich. Die nächste Stunde verbrachte ich in einem Museum, das zeigte, wie es den Menschen und der Stadt Dubrovnik während der Belagerung 1991/92 ergangen ist: Bilder vom Krieg – zerstörte Häuser, Gefechtsfeuer, von Kummer und Angst gezeichnete Männer, Frauen und Kinder. Am Rande bemerkt sei noch, dass die Aussichtsplattform knallvoll und das Museum gähnend leer war. Aussicht ist halt beliebter als Rückschau. Auf einen Ausflug mit einem Go-Cart, die dort angeboten wurden, habe ich verzichtet. Allein ist das nur der halbe Spaß, aber ich bin sicher, dass sich unter den bereits Abgereisten ein Mitstreiter gefunden hätte. Ich wäre sofort dabei gewesen.

Für den Weg nach unten nahm ich faules Stück dann doch die Seilbahn. Für heute war ich genug gelaufen. Der Bus zurück ins Hotel war glücklicherweise leer und Neptun erwartete mich schon zu einem kurzen Bad vor dem Dinner.

DIENSTAG

Der letzte Tag in Kroatien, den ich für Blogschreiben, Shoppen und einen Museumsbesuch reserviert hatte. Nach dem mittlerweile üblichen morgendlichen Sprung in die Fluten machte ich mich wieder auf den Weg in die Altstadt und fand mich vor der kleinen Boutique mit dem wunderschönen roten Kleid wieder, die wir während des offiziellen Stadtrundgangs am Samstag passiert hatten – allein das Kleid passte nicht. Dafür aber zwei andere 😉 Um einige Kunos leichter und eine Klamottentasche schwerer spazierte ich zum Museum für Moderne Kunst, das aber wenig mehr zu bieten hatte als eine Ausstellung mit Bildern aus Japan, deren künstlerischen Wert ich nicht recht einschätzen kann, weil ich mich zu wenig auskenne. Ach, und eigentlich hatte ich dann auch genug, und machte mich auf den Weg zurück ins Hotel zu einem letzten Strandbesuch und an den Laptop zum Schreiben. Der Abend bei Sonnenuntergang auf der Hotelterrasse mit den Damen war nett, die Nacht kurz. Der Flieger sollte morgens um 7 Uhr 30 starten, so dass ich um 5 Uhr im Hotel abgeholt wurde. Irgendwie hatte ich die unchristliche Zeit bei der Buchung nicht recht bedacht, aber am Ende war auch das kein Problem. Verabschiedet wurde ich fürsorglich mit einem Gratiskaffee auf der Terrasse mit Meerblick, während ich auf den Transfer wartete. Der brachte mich in einer halben Stunde zum Flughafen – entlang der Küstenstraße, was mir einen letzten Blick auf Dubrovnik und die Insel Lokrum ermöglichte: Doviđenja Kroatien!

Sonnenuntergang

Mein Fazit

Die kroatische Küste ist ein toller Landstrich mit freundlichen und herzlichen Menschen (keine „Sehr-gerne-Roboter“, wie sie hier bei uns sehr verbreitet sind), vielen wunderschönen Inseln, traumhaften Farben und pittoresken Städtchen, von denen einige nur zu Recht zum UNESCO Welterbe zählen.

Ich muss öfter reisen.

Schwimmen und Türme besteigen werden jetzt wieder in den engeren Kreis meiner Hobbys aufgenommen.

Alleinreisen in der Gruppe macht Spaß, wenn man sich wie in diesem Fall auch zurückziehen kann, es viel Freiraum gibt und gute Tipps, ihn individuell zu füllen – und wenn man eine so prima Gruppe und Reiseleitung erwischt wie ich. Und Studiosus „me and more“? Gefällt mir!

Basel zämmä (zu Deutsch: zusammen)

13 Mittwoch Mai 2015

Posted by anette quentel in Basel 5/15, Reisen

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Basel, Blog, Quentel

FREITAG

Der Zug war pünktlich, die Mitreisenden auch. Ein guter Start also in vier Tage Basel mit den Freunden und Förderern des historischen museums frankfurt, die vor allem mit Museen, Galerien und gutem Essen gefüllt sein sollten. Die Bahn spendierte wahlweise das Handelsblatt oder die Bildzeitung und viele Gummibärchen. Und so zog die Welt drei Stunden lang im Zeitraffer an mir vorüber: graue Bahnhöfe, kuschelige Dörfer, fleißige Spargelstecher, mal weiteres, mal engeres Grün und so ziemlich alles an einheimischen Wildtieren, was Deutschland zu bieten hat. Offenbar sehen die Viecher in einem ICE eine kleinere Bedrohung als in spaziergehenden Menschen. Wenn ich zu Fuß unterwegs bin, begegnet mir höchstens mal ein verschreckter Hase.

In Basel: Regen … viel Regen, unentwegter Regen … „Fifty Shades of Rain“ – und kein Netz. Irgendetwas stimmte mit meinem Handy nicht. Nach der Tramfahrt (inklusive Umsteigen im strömenden Regen) und dem Einchecken im Teufelhof legten wir die zehn Minuten Fußweg (bei leichtem Regen) zu einem Snack zurück, der etwa so viel kostete wie das mittägliche 3-Gänge-Menu bei Emma im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt (das ich übrigens auch für abends empfehle, wenn es mal innovativ und unprätentiös schick sein soll). Überhaupt ist Basel unglaublich teuer, sogar für Frankfurter Verhältnisse.

Kulthaus

Dann die erste Museumsstation: das neu renovierte Museum der Kulturen mit seiner Attraktion, einem 16 Meter hohen Kulthaus aus Papua-Neuguinea, in dem dort Initiationsriten stattfinden – nur für Männer versteht sich. Frauen müssen nicht „initiiert“ werden. Wer Museum der Kulturen hört, denkt an dunkle Räume mit zahllosen Schaukästen, randvoll mit Püppchen, Masken, Werkzeugen und Bildern von wilden Kriegern. Aber hier ist alles sehr weitläufig, modern, wohldurchdacht und darauf ausgerichtet, die Besucher nicht nur zu informieren, sondern auch zu unterhalten. Beispielsweise weiß ich jetzt, wie Opium riecht und dass der Duft des gleichnamigen Parfums durchaus eine gewisse Nähe zu einer chinesischen Opiumhöhle hat. Mit dem Unterschied, dass ich damit noch nie jemanden betäubt habe – höchstens ein bisschen verwirrt 😉

Immer noch kein Netz.

Danach ein kleiner Fußweg (im wieder kräftigeren Regen) zum Museum der Wohnkulturen mit seiner aktuellen Ausstellung, die Museum of broken Relationships heißt und ihren Ursprung in Zagreb hat. Dort hat sich vor Jahren ein Künstlerpaar getrennt und wusste nicht, wie sie mit den gemeinsamen Erinnerungsstücken verfahren sollten, insbesondere mit Honey Bunny, einem Kuschelhasen, der für die beiden eine besondere Bedeutung hatte. Wir Normalsterblichen entsorgen so etwas ja entweder sofort oder umgeben uns noch eine Weile damit, bevor es nach einer geglückten Verarbeitung der gescheiterten Beziehung in eine Kiste im Keller wandert. Die Künstler hatten eine Idee, die ihnen 2011 den Kenneth Hudson Award eingebracht hat. Sie baten ihre Freunde, ihnen ihre Erinnerungsstücke an zerbrochene Beziehungen zu überlassen und eine Geschichte dazu aufzuschreiben. Jetzt reisen diese Dinge und ihre Storys um die Welt. Und überall, wo die Ausstellung Station macht, wird ein Aufruf gestartet, Beziehungssouvenirs und Geschichten einzureichen, die dann ebenfalls dort ausgestellt werden. So wächst die Sammlung kontinuierlich. Mittlerweile sind 2.000 Exponate zusammenkommen. In Basel sind zurzeit 99 zu sehen. Gezeigt werden sie in Symbiose mit der Dauerausstellung, die im Grunde genommen aus dem Gebäude selbst besteht: einem luxuriösen Wohnhaus aus dem Jahr 1780 nebst zeittypischer (aber nicht originaler) Einrichtung. Es bietet also ein paar kommentarlos mit alten Möbeln vollgestopfte Wohnräume. Die „Broken-Relationship“-Exponate wurden kurzerhand dazwischen platziert. Das Ergebnis: Man findet sie zum Teil nur schwer, und weil man mit der Suche und dem Lesen der Geschichten beschäftigt ist, schaut man sich die Räume und Einrichtungsgegenstände gar nicht mehr an – na ja, es gibt bessere Konzepte, aber die Stories waren spannend: lustig, traurig und allesamt lesenswert. Und sie regten zu dem einen oder anderen Gespräch darüber an, wie man selbst es so mit den manchmal recht albernen Überbleibseln gescheiterter Beziehungen hält.

Mittlerweile waren alle ein bisschen angeschlagen, hatten Hunger, Durst und Sehnsucht nach ein bisschen Ruhe vor dem Abendessen. Mich machte zudem die Netzunfähigkeit meines Mobiltelefons allmählich nervös. Ich bin es gewohnt, jederzeit mit der Welt Kontakt aufnehmen zu können und Wissenslücken sofort per Internet zu schließen. Jetzt fehlte es mir. Darüber, ob das ein bedenklicher Umstand ist, denke ich später mal nach.

Also zurück zum Hotel (im monsunartigen, aber kühlen Regen), wo ich dann mit Hilfe der Vodafone-Hotline (erstaunlicherweise nach kaum zehn Minuten Warteschleife) meine digitale Isolation beendete. Wie sich herausstellte, hatte der Kundendienst, als ich vor drei Wochen nach diversen teuren Handtaschengesprächen mit einem Apothekennotruf die Sondernummern sperren ließ, mal sicherheitshalber alles außer Inlandsgesprächen blockiert. Offenbar hatte ich am Telefon wie eine hilflose Seniorin geklungen, die es zu schützen galt… Das Problem konnte jedenfalls behoben werden. Ich war wieder die Ruhe selbst und mit der Welt verbunden.

Am Abend war im Hotelbistro eine lange Tafel für uns gedeckt. Das Essen war handwerklich tadellos, der Wein war fein, und wir haben über so angenehme Dinge wie Essen, Kochen, Kunst, Theater, Wellnessurlaube und Whiskey gesprochen, bevor ich gegen 23 Uhr ziemlich erledigt auf ein fremdes Kopfkissen gesunken bin – begleitet vom mittlerweile sanft rauschenden Regen …

SAMSTAG

Helden

Kurz mal kein Regen, sondern lockere Bewölkung, die ab und zu sogar ein paar Sonnenstrahlen Platz machte. Nach einem formidablen Frühstücksbuffet, zogen wir los zum Museum für Geschichte in der Barfüßerkirche, in dem es neben der Dauerausstellung eine Ausstellung mit dem Titel „Fußball – Glaube, Hoffnung, Religion“ zu begucken gab. Die Dauerausstellung im Keller beherbergt spektakuläre spätgotische Wandteppiche, kunstvoll gewebte Bilder über das Leben, die Liebe und mythische Wildleute – und es gab etwas, das wir heute Wimmelbild nennen würden. Wir erfuhren, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, alle auf dem Bild gezeigten Pflanzen und Tiere zu bestimmen.

Wimmelbild

Überhaupt war das mal wieder ein Beispiel dafür, wie spannend man ein historisches Museum gestalten kann: mit Videos, Tonaufnahmen, Modellen und einer „Wunderkammer“, in der die wichtigsten Exponate aus allen Abteilungen ausgestellt waren – zu Reingehen uns Staunen. Schöne Idee. Vorbei am „Baseler Totentanz“, einem mittelalterlichen Fresko (bzw. dessen Resten), das mal eine Friedhofsmauer geziert hat und daran erinnern sollte, dass der Tod jeden Menschen ungeachtet seines Standes jederzeit erwischen kann, wurden wir in die Fußballausstellung geleitet. Mit Fußball habe ich ja so gar nichts am Hut, aber ich ließ mich ein und lernte allerlei Erstaunliches über Fans und ihren Ersatzgott. So gibt es in Dortmund einen Kreißsaal mit gelber Geburtswanne und BVB-Bild an der Wand, irgendwo in Italien hat jemand einen Diego-Maradona-Altar gebaut (mit einer „Reliquie“ in Form eines Haarbüschels), und manche Menschen heiraten im Stadion ihres Heimatvereins. Seltsamer Gedanke, aber es soll ja auch Leute geben, die sich unter Wasser das Ja-Wort geben, was mir kaum weniger merkwürdig erscheint.

Im diesmal sprühnebelartigen Regen überquerten wir den Barfüßerplatz zum Braunen Mutz, wo uns Suppe und niedliche kleine Pastetchen erwarteten. Nach einem kurzen Spaziergang (mit dem Schirm als wichtigsten Begleiter versteht sich) folgte die Abfahrt mit dem Bus ins Stapferhaus in Lenzburg zur Ausstellung „Geld – jenseits von Gut und Böse“, die uns von der Leiterin der Ausstellungshalle nähergebracht wurde, einem bezaubernden Wesen mit umwerfendem Charme und ansteckender Begeisterungsfähigkeit.

Paradies

Tolle Ausstellung! Ziel war, die Frage nach dem Wert des Geldes zu stellen ohne wertend zu sein. Und so steigt man zuerst eine Treppe hoch ins „Paradies“, einer Installation mit Goldeseln, Geldbäumen und Landschaften, in denen Gold und Geld statt Milch und Honig fließen, um sich dann von den mannshohen Köpfen einer Handvoll Denker und Ökonomen in Form eines multimedialen Streitgesprächs unterschiedliche Wirtschaftstheorien und -philosophien erklären zu lassen und an einer kleinen Umfrage zum Thema Geld und Glück teilzunehmen. Die Ergebnisse werden ständig aktualisiert und im nächsten Raum präsentiert. Dort gab weitere zum Teil erschreckende Statistiken, u.a. über die Verteilung des Reichtums in der Welt und die Ver(sch)wendung von Staatsgeldern, und man erfuhr, was wem „lieb und teuer“ ist – von einem Pfund Salz, über einen Quadratmeter Autobahn bis hin zum Louis-Vuitton-Täschchen und einer Flasche Luxuswein – alles spannend aufbereitet. In vier Beichtstühlen liefen Tonaufnahmen, von denen ich mir eine angehört habe: Eine Frau berichtete darüber, dass sie gegen Bezahlung an medizinischen Versuchen teilnimmt und sich dabei auch schon mal für ein paar Euro die Blase bis fast zum Platzen auffüllen ließ oder (für 3.000 Euro) wochenlang eine Zahnklammer trug, die sie zwischendurch immer in unterschiedliche, mehr oder weniger zahnschädliche Substanzen tauchen musste.

Statistik

Auch ich habe mir die Frage gestellt, wie wichtig mir Geld ist, wieviel ich davon brauche, um zufrieden zu sein, und was ich für Geld täte. Meine persönliche Antwort: Nichts, was mich Überwindung kostet, wofür ich meine Überzeugungen verraten muss oder was mir körperlichen Schaden zufügt. Aber ich weiß nicht, wie meine Antwort ausfallen würde, wenn es mir weniger gut ginge oder ich für etwas mir wirklich Wichtiges dringend Bares brauchte. Vielleicht würde ich dann doch mal in den Regenwurm beißen.

Zum Abschluss gab es noch das Dagobert-Feeling: ein Raum mit 200.000 Franken in 5-Rappen-Stücken – alles war voller Gold. So macht Geld direkt Spaß. Man wurde regelrecht wieder zum Kind, zumindest mal bis das Licht ausging und die Zusammenfassung eines Essays zu hören war, dessen Namen und Autor ich leider vergessen habe – auch hier wieder Gelegenheit, über das eigene Verhältnis zum Geld nachzudenken. Als kleines Abschiedsgeschenk gab es noch eine goldfarbene Münze. Auf der einen Seite ist „Gut“, auf der anderen „Böse“ eingeprägt, denn Geld ist immer so gut und so böse wie das, wann man damit anstellt.

Dagobert-Feeling

Am Abend waren wir zu einem Dinner in einem Restaurant neben dem Tinguely-Brunnen angemeldet, wo es dann auch Zürcher Geschnetzeltes gab – leider nicht mit Rösti, aber trotzdem lecker. Der Tinguely-Brunnen ist eine der Attraktionen von Basel: Zehn mobile Metall-Skulpturen einem großen Wasserbecken, die zum Teil aus der Bühnenausstattung des alten Stadttheaters gebaut wurden, das vorher hier stand. Sie schaufeln, gießen und sprühen Fontänen durch die Gegend. Manchmal sieht es so aus, als kommunizierte sie miteinander – ein bisschen wie Schauspieler auf einer Bühne. Passt ja.

Direkt dahinter steht jetzt das neue Theater, dessen Laufband über dem Eingang mir verriet, dass dort am nächsten Tag ein Stück mit dem Titel „Red‘ Du mir von Liebe“ gezeigt würde. Noch vor dem Dessert hatte ich herausgefunden, dass thematisch der „Zimmerschlacht“ von Martin Walser recht ähnlich ist, die ich vor Jahren mal gespielt habe. Klang interessant. Vielleicht etwas für den nächsten Abend. Dieser endete jedenfalls mit Gin & Tonic in der Hotelbar. Ob es geregnet hat? Ich weiß es nicht mehr, aber ich vermute es mal stark …

SONNTAG

Der Sonntag sollte lockerer werden: Stadtrundgang mit einem einheimischen Führer (und Schirm), gefolgt von der Paul-Gauguin-Ausstellung in der Fondation Beyeler. Die Stadtführung war interessant, aber die Bilder des Herrn Gauguin haben mich enttäuscht. Die hatte ich mir viel farbenprächtiger vorgestellt. Tatsächlich waren die im Shop käuflich zu erwerbenden Nachdrucke erheblich fröhlicher koloriert – offenbar ein Wunder der digitalen Nachbearbeitung. Möglicherweise waren die Originale irgendwann mal lebendiger und sind mit den Jahren verblasst, weil sich der Künstler nur billiges Material leisten konnte (hier hätte man mit Geld Sinnvolles tun können). Vielleicht hat er die Motive aber auch absichtlich nicht naturgetreu bunt-fröhlich gemalt. Dank Audioguide weiß ich jetzt mehr über das tragische Leben und den Seelenzustand des Herrn Gauguin und könnte das verstehen. Der größte Teil der Gruppe verabschiedete sich nach Ausstellung gen Frankfurt. Meine „mitreisende Person“, wie das die Dame im Hotel bei der Ankunft so nett politisch korrekt ausgedrückt hatte, und ich hingen noch einen Tag dran – und hatten Lust auf Theater am Abend.

Das am Vortag ausgeguckte Theaterstück überraschte mit einer innovativen Inszenierungsidee: Die Zuschauer saßen im Foyer des Theaters auf Stühlen und guckten nach draußen auf die Straße, wo das 2-Personen-Stück spielte. Inhalt: Paar in den besten Jahren kommt nach Party nach Hause und gerät in einen zunächst harmlosen Streit, der eskaliert – bis hin zum „was man sich schon immer mal sagen wollte“. Zum Schluss ist dann wieder alles gut.

Die Stimmen wurden per Mikrofon nach innen übertragen. Die Passanten hörten und sahen natürlich im Vorbeigehen zu und reagierten zum Teil. Das war nicht nur für die Zuschauer spannend, sondern forderte auch hin und wieder das Improvisationstalent der Spieler. Statt der angekündigten 1 Stunde 10 Minuten dauerte es nur 50 Minuten. Ob sie ein paar Seiten gesprungen sind (das passiert ja schon mal) oder die Regie nach Drucklegung des Programmhefts kräftig gestrichen hat, weiß ich nicht. Die Besetzung war suboptimal: der kurze dunkelhaarige Mann um die 50 und die lange blonde Frau von gefühlten 25 wirkten wie „zu kleiner Mann mit schöner großen Geliebten“ und nicht wie ein etabliertes Ehepaar. Sie spielte zudem über weite Strecken sehr unterkühlt, fast teilnahmslos.

Ich hätte mir auch mehr Machtpositionswechsel gewünscht und gerne öfter gesehen, dass böse Worte Wirkung zeigen. Denn Status-Wechsel und beklemmende Pausen machen einen Streit auf der Bühne für die Zuschauer erst spannend. Es war dennoch ein guter Theaterabend, gefolgt von einem richtig guten Essen im feinen Restaurant Schlüsselzunft, einem Gin Tonic in der Hotelbar und sieben Stunden Schlaf am Stück – mein persönlicher Jahresrekord.

MONTAG

Am nächsten Morgen: Überraschung! Sonnenschein – T-Shirt-Wetter! Nach einem späten Frühstück nahmen wir uns ausgiebig das Münster vor, das das Grab von Erasmus von Rotterdam beherbergt und dessen Innenausstattung 1529 Opfer des Bildersturms geworden war. Als Kirche einer evangelisch-reformierten Gemeinde kommt es bis heute abgesehen von der prächtigen Kanzel recht schmucklos daher. Die Architektur wird dadurch allerdings umso klarer und beeindruckender. In sportlicher Höchstleistung bekletterten wir beide Türme, die nach den Ritterheiligen Martin und Georg benannt sind. Etwa 300 Stufen in sehr engen Aufgängen haben wir dazu erstiegen, und wurden mit tollen Aussichten belohnt.

Quelle: Wladyslaw Sojka www.sojka.photo

Quelle: Wladyslaw Sojka http://www.sojka.photo

Außen am Münster fiel uns eine Sonnenuhr auf, die falsch geht. Vor ein paar hundert Jahren hatten die Basler nämlich eine eigene Zeitmessung, was für Durchreisende sicher nicht immer lustig war. Sie zählten den Mittag und die Mitternacht nicht als zwölfte abgelaufene, sondern als erste Stunde. Statt auf die zwölf fällt der Mittagsschatten der Sonnenuhr deshalb auf die eins. Basel ging also eine Stunde vor. Nach gut anderthalb Stunden war uns trotz der Stufen nach einem Spaziergang. Wegen des vielen Regens an den Tagen zuvor war der Rhein so voll, dass die Fährbootchen nicht fuhren – sehr schade; das hätte mir gefallen. Wir nahmen uns also eine Brücke, um uns Kleinbasel anzusehen, dessen Hauptattraktion aus meiner Sicht das Messegebäude ist.

Messe

Ansonsten erinnerte es mich stellenweise an die hintere Zeil in Frankfurt. Zurück auf der schönen Seite haben wir nach einem Crêpe in einem zauberhaften kleinen Café, das ich gerne statt einem der gefühlten 17 Souvenirläden auf dem Römerberg sähe, unsere letzten Franken in Luxusschokolade umgesetzt. Im Kaufrausch mussten wir am Ende sogar noch ein paar Euros drauflegen.

Nach einer unspektakulären Fahrt zurück in einem fast leeren Zug waren wir am Abend pünktlich, weil noch vor dem Bahnstreik, wieder in Frankfurt.

Mein Fazit: Vier Tage mit lauter netten und interessanten Menschen, größtenteils spannenden Ausstellungen und durchweg gutem Essen in einer Stadt, die mehr zu bieten hat als ihre Größe vermuten lässt. Ich habe viel gesehen und einiges gelernt. Wer bis Ende November in der Gegend von Basel ist, sollte sich die Geldausstellung ansehen – mein persönliches Highlight dieses Wochenendes. Im nächsten Jahr geht es wohl nach Helsinki. Ich bin gerne dabei.

Nizza zu dritt

06 Dienstag Jan 2015

Posted by anette quentel in Nizza 12/14, Reisen

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Anette Quentel, Blog, Nizza, Quentel

Montag, 29. Dezember 4:50 Uhr. Was für eine unchristliche Zeit – selbst für ein „Huhn“ wie mich, dem überzeugte Langschläfer eher suspekt sind. Nach einer extrem kurzen Nacht (Sind vier Stunden überhaupt schon mit gutem Gewissen Nacht zu nennen?) und den üblichen letzten Reisevorbereitungen wie Duschen, Kaffeetrinken, Heizung herunterregeln und Müll wegbringen, mache ich mich gegen sechs Uhr auf den Weg nach Nizza, zu einem dreitägigen Kurztrip, um mich mit Freunden zu treffen. Das Taxi passiert den Irish Pub an der Kurt-Schumacher-Straße, dessen offene Tür nicht nur den Blick auf einen sehr furchtbaren in psychodelischen Farben blinkenden Plastikweihnachtsbaum freigibt, sondern auch den Blick auf einen jungen Mann freigibt, der mit einer seltsam aufrechten Kopfhaltung und undefinierbarem Blick seinem Kumpel an der Theke mit einer klaren Flüssigkeit zuprostet. Form und Größe des Glases lassen nicht auf Wasser schließen. Ob sie wohl die Restgäste des gestrigen Abends oder die Erstgäste des heutigen Morgens sind? Egal: „Prost Jungs!“ In der Berliner Straße steigt Ralf zu mir ins Taxi, dessen Flieger zur gleichen Zeit startet wie meiner nach Nizza – ein purer Zufall, der uns den halben Taxipreis sparen lässt.

Es schneit leicht, die Straßen sind fast leer. In der vorüberquietschenden Straßenbahn sitzt eine einzige Frau. Sie sieht müde aus. Ich sicher auch, aber mittlerweile fühle ich mich hellwach. Im Radio laufen die Nachrichten. Irgendwo ist ein Flugzeug abgestürzt – ein beruhigender Gedanke, auch wenn es mir für die Familien der Opfer leidtut. Beruhigend, weil noch nie zwei Flugzeuge an einem Tag abgestürzt sind. Der Flughafen präsentiert sich noch im Weihnachtskleid. Alles glitzert und tönt besinnlich. „Weihnachten wird überbewertet“, hat mir kürzlich ein Freund geschrieben – von wem, frage ich mich. Entweder man ist ein Fan und freut sich auf die Zeit, oder man weiß von vorneherein, dass es stressig oder auch öde wird. Mein Weihnachten war vornehmlich einsam und ziemlich langweilig, aber das habe ich vorher gewusst,  und ich habe es überlebt.

Ralf und ich sind ein bisschen zu früh dran, weil zu dieser Zeit am Flughafen noch nichts los ist und sich unsere Erwartung langer Schlangen erfreulicherweise nicht erfüllt. Also trinken wir noch einen Kaffee zusammen. Unsere Gates liegen fast nebeneinander. Dann geht jeder seines Wegs. Hat durchaus etwas Symbolhaftes und wäre eine gute Schlussszene für einen Film ohne Happy End. Trotzdem lächelnd mache ich mich auf den Weg zum Flieger und erhasche beim Einsteigen einen Blick ins Cockpit. Der Pilot ist sehr jung, hat einen kahlen Kopf und große abstehende Ohren. Sicher hat er seine Karriere als Segelflieger begonnen. Der Mittelgang im Flieger ist verstopft, und bis man mich bis zur Reihe 19 durchgeschoben hat, gibt es keinen Platz mehr in den Gepäckfächern. Ich stehe ein bisschen ratlos herum, schiebe lustlos ein paar fremde Jacken hin und her, halte so die ganze Schlange hinter mir auf (erste knurrende Laute sind zu vernehmen) und wende mich dann an einen weiblichen Engel der Lüfte, der mich seit drei Minuten untätig beobachtet. Vielleicht ist sie einfach nur müde, was ich angesichts der Zeit durchaus verstehen kann, aber so müde, dass sie mein Koffer-Unterbringungsproblem nicht erkannt hat, kann sie eigentlich nicht sein. Also werte ich es mal als Unlust – soll vorkommen. Auf meine ausdrückliche Bitte um Hilfe hin bewegt sie sich mit routinierter Grazie auf mich zu und bequemt sich tatsächlich, ein bisschen Platz im Gepäckfach zu schaffen – lustlos, wusst‘ ich’s doch. Mein „Danke“ wird mit einem professionellen „gerne“ quittiert, das sich auch in Restaurants zunehmend breit macht und mir allmählich ganz schön auf den Senkel geht. Hin und wieder verwirre ich die Gerne-Roboter mit der Frage „Wirklich?“, was häufig lustige Reaktionen auslöst. Hochheben muss ich den Koffer selbst. Vor zwanzig Jahren wäre mir sicher irgendein junger Mann helfend zur Seite gesprungen. In zwanzig Jahren wird das wieder so sein, wenn auch aus anderen Gründen. Bis dahin stemme ich meine Koffer halt allein.

„Abflug um 7 Uhr 30“ stand überall, aber das war eine glatte Lüge. Zuerst galt es, die Fliegerflügel zu enteisen, was etwa 30 Minuten dauerte, dann war kein Abflug-Slot frei, was weitere 15 Minuten kostete. Dann endlich in der Luft. Als Snack gab es wahlweise Joghurt oder Sandwich – habe beides abgelehnt und mich auf einen Plastikbecher totes Wasser beschränkt (das gestrige Dinner im Hessischen Hof war reichhaltig). Nach etwa einer Stunde gab es heftige Turbulenzen, die der einen oder anderen Passageuse einen kleinen Kiekser entlockten – très charmante.

Nach einer unspektakulären Landung begrüßen mich ein himmelblauer Himmel, sehr sonniger Sonnenschein, Segelboote vor der Küste, Palmen an der Promenade, alles in einen goldenen Farbton getaucht: Wintergold. Südfrankreich, wie man es sich vorstellt, allerdings in einer ziemlich kalten Ausführung.

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Es herrschen gefühlte 5°C. Ich werde in einem ziemlich neuen und ziemlich großen schwarzen Mercedes die Küste entlang in gen Hotel chauffiert – von einer jungen Frau, die mich auf Französisch anspricht (wie auch sonst; wir sind in Frankreich). Ich höre mich auf Französisch antworten und staune über mich selbst. Die Sprache fühlt sich zugleich fremd und vertraut an. Die Karosse ist überheizt, aber die Kleene trägt einen von diesen Michelin-Männchen-Mänteln, in denen man selbst mit Größe 34 wie eine Tonne aussieht. Ich mache irgendeinen Scherz, den sie offenbar versteht und der sie zum Lachen bringt. Mein Lachen findet hingegen ein jähes Ende, als sie mich nach etwa 3km Fahrt vor dem Hotel West End abliefert und mir dafür 40 Euro abverlangt. Das sei unüblich teuer, meint kurz darauf auch der nette etwas zu kurz geratene Silvio am Empfang im Hotel. Hmmm, vielleicht hätte ich nicht das Designermäntelchen anziehen sollen. In so etwas wirkt man wohlhabender als man ist. Monsieur Silvio hat für mich die Mitteilung, dass mein Zimmer erst um 15 Uhr fertig sein wird, was ich mit einem kurzen gut gesteuerten Stirnrunzeln, gefolgt von einem duldenden Lächeln hinnehme. Er registriert natürlich, dass mir das nicht gefällt. Dann kommt wieder diese Frage, die ich irgendwie nicht mag: „Sie reisen alleine, Madame?“. Meine Antwort: „Oui, malheureusement.“ (zu Deutsch „unglücklicherweise ja“) scheint Mitleid zu erwecken – muss ich mir merken. Er telefoniert kurz und organisiert mir ein Zimmer, das schon bezugsbereit ist, und begleitet mich noch rauf in eine für deutsche und andere europäische Verhältnisse winzige Stube. Zum Glück bin ich nicht voluminös. Angesichts der Enge empfinde ich es für einen Moment als ganz angenehm, dass Madame allein reist ….

Jetzt mache ich mich auf den Weg zu Christian und Jon, die im Negresco-Prachtbunker nebenan wohnen, und mir schon eine SMS geschickt haben, wo ich denn bleibe…

Immer noch Montag, 29. Dezember, aber nicht mehr lange Am Nachmittag sind wir an der Promenade entlang und dann in der Altstadt herumspaziert. Viele lächelnde Menschen. Alle wirken entspannt. Zu sehen gibt es eine Unzahl kleiner Lädchen mit mehr oder weniger interessantem Angebot, aber auch viele schöne kleine Plätze und tolle alte Häuser. Die Verkäufer sind überhaupt nicht aggressiv, sondern warten bescheiden auf Kundschaft. Ganz anders die Gästeeintreiber der Restaurants. Ich erklärte etwa 12 Mal in mindestens drei Sprachen, dass wir schon gegessen haben. Das war zwar gelogen, aber ein Totschlagargument. Chris und Jon haben einen Kühlschrankmagneten mit ihrem Hotel drauf als Souvenir erstanden. Mir war nicht nach Andenken-Shopping, bin ja gerade erst angekommen und wer weiß: Vielleicht möchte ich mich ja später gar nicht an die drei Tage hier erinnern. Von der Altstadt aus haben wir uns den Colline du Chateau hinauf gearbeitet, den Hausberg von Nizza, der einen Park und viele schöne Aussichten bieten soll (viele Treppen). Auf dem Weg nach oben ein kurzer Abstecher auf einen jüdischen Friedhof. Es war ganz still und schön schaurig. Die Toten werden hier nicht unbedingt in der Erde sondern häufig in marmornen Gruften aufbewahrt, was den Friedhof fast wie eine kleine Stadt wirken lässt. Auf vielen Gruften stehen Fotos. Wenn man sie eine Weile anschaut, bekommt man fast das Gefühl, man hätte den oder die Verstorbene(n) gekannt, und trauert ein bisschen mit.

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Nach einer Viertelstunde zogen wir weiter in Richtung Hügelkuppe, wo tatsächlich viele tolle Ausblicke aufs Meer, die Stadt und den Hafen warteten. Mittlerweile war es so warm, dass ich mich von etwas Stoff befreit (nur an den Schultern, versteht sich) und ein kleines Sonnenbad genommen habe – unter einem unverschämt blauen Himmel und bei einem guten Cappuccino vom Kiosk. Die Buben haben ein bisschen gespottet, aber das macht nichts.

Auf dem Rückweg dann die Beinahekatastrophe. An einem Aussichtspunkt erreichte mich die SMS von Simone, die sich erkundigte, ob ich noch vor dem großen Schnee aus Frankfurt herausgekommen sei. Ich habe ihr direkt geantwortet und mein iPad solange auf einer Mauer geparkt. Die Jungs waren schon vorweg gelaufen, so dass ich mich beeilt habe, um sie nicht warten zu lassen. Nach dem Abstieg (wieder viele Treppen) sind wir in einem französischen Restaurant in der Altstadt gelandet, das hausgemachte Foie Gras (tierpolitisch absolut inkorrekt, aber in der Regel sündhaft gut) und verlockende Desserts anbot – zwei gute Gründe zu bleiben. Kurz nach der Bestellung griff ich nach dem iPad, um nachzusehen, was ich so alles fotografiert habe – allein der Griff ging ins Leere. Das iPad war weg! Es folgte zunächst die übliche wilde Durchsuchung meiner Monsterhandtasche, in deren Tiefen so ein Gerät schon mal verloren gehen kann – diesmal leider nicht. Dann haben wir rekonstruiert, wann ich es das letzte Mal in der Hand hatte. Ergebnis: am letzten Aussichtspunkt.

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Ich hatte das kostbare Endgerät offenbar auf der Mauer liegengelassen. Chris meinte, ich könne mein weiß-goldenes Prachtstück getrost vergessen und fing an zu überlegen, über welche meiner Versicherungen man das abwickeln kann. Ich meinte aber, es gäbe so viele ehrliche Menschen auf der Welt. Vielleicht habe es ja jemand gefunden und irgendwo abgegeben. Jon hielt das für unwahrscheinlich, aber nicht für ausgeschlossen. Chris lächelte mitleidig, aber keiner hielt mich davon ab, den Haushügel ein zweites Mal zu besteigen (also nochmal viele Treppen). Als ich atemlos am Mäuerchen des Vergessens ankam, war natürlich nichts mehr zu finden. Nächste Station: der nahe Kiosk. Auf dem Weg dorthin stürzte ein etwa zehnjähriger Junge beflissen auf mich zu und fragte auf Deutsch, ob ich vielleicht mein iPad suchte. Ich sähe ein bisschen verzweifelt aus. Auf mein eifriges Nicken führte er mich zu seinem Vater, der berichtete, Holländer hätten mein Ei-Teil gefunden, den deutschen Spruch auf der Rückseite gelesen und ihn gefragt, ob es vielleicht seines sei. (An dieser Stelle bitte ich höchst offiziell alle Einwohner der Niederlande für meine vielen lästerlichen Bemerkungen über Wohnwagen, Käse und Heringe um Verzeihung.) Er habe das iDing dann im Restaurant auf der Spitze des Hügels abgegeben. Dort dort angekommen gab es mir die Kellnerin mit deutlichem Bedauern zurück – sehr verständlich, denn wenn ich nicht aufgetaucht wäre, hätte sie ein neues iPad gehabt. Glück gehabt, viel Organisationskram und eine Menge Geld gespart!

Das Beste an der ganzen Geschichte ist aber der Beweis, dass es tatsächlich noch ehrliche Menschen gibt. Zurück im Restaurant am Fuße des Hügels war Chris einigermaßen erstaunt und ich sehr glücklich. Seltsam, dass es glücklicher macht, etwas zurückzubekommen, dass man verloren geglaubt hat, als es gar nicht erst zu verlieren.

Wir haben dann mittelmäßig gut gegessen und uns gegen vier Uhr auf den Weg zurück zu den Hotels gemacht. Chris hatte sich die Hose mit der leider etwas zu fetten Foie Gras eingewutzt und wollte schleunigst aus ihr raus. Für später haben wir uns zu einem Gin Tonic bei Sonnenuntergang in einer kleinen Open-Air-Bar am Strand verabredet, die im Sommer bestimmt total überlaufen ist. Heute waren wir die einzigen Gäste. Am Strand schlenderten ein paar Unverzagte herum, die sich von Temperaturen von etwa 7° nicht ihre Lust an Meer und Strand vermiesen ließen, und ein paar Angler wurden in der untergehenden Sonne allmählich zu Scherenschnitten. Ja, ich weiß, eigentlich sehen alle Sonnenuntergänge gleich aus. Aber alle sind schön. Und sie sind voller Hoffnung, weil man sich sicher sein kann, dass die Sonne niemals für immer geht.

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Als uns kalt wurde, sind wir eine Stunde durch die Stadt gelaufen und haben am Bahnhof gecheckt, wann Züge nach Monaco fahren. Chris will da morgen unbedingt hin. Bei meinem letzten Besuch fand ich es dort „unspektakulär bis hässlich“, aber ich fahre trotzdem mit. Er hat einen Contest mit einem Kumpel laufen, wer die meisten Länder bereist. Bei ihnen gilt Monaco als Land.  Als Beweis zählen einschlägige Fotos. Ich bin sicher, es wird ihm dort auch nicht sonderlich gefallen, aber das gehört zu den Dingen, die man selbst erfahren muss.

Den restlichen Abend haben wir bei Weißwein, korsischem Käse und Schinken in einer Weinbar am Rande der Altstadt verbracht. Es gab leckeren Sancerre für ein unverschämtes Geld, aber egal. Mein Hotel war ja relativ günstig. Seit elf bin ich wieder in meiner Puppenstube (ziemlich nüchtern, aber todmüde nach der vielen Herumrennerei), und habe feststellen müssen, dass die hier ziemlich gut heizen und man die Temperatur nicht selbst regeln kann. Wegen der bitteren Kälte ist ein offenes Fenster allerdings keine Option, weil mir sonst vermutlich der Tod durch Erfrieren droht. Also: Fenster zu und auf der Decke schlafen.

Dienstag, 30. Dezember, 7 Uhr 30 Das mit dem Einschlafen ging ratzfatz, zumal es hier nur französische Fernsehsender gibt, und ich mich sehr anstrengen muss, um der Handlung zu folgen. So toll ist mein Französisch nämlich doch nicht mehr, wie ich nach dem gestrigen ersten Überschwang schnell gemerkt habe. Trotzdem macht es Spaß, ein paar Tage dreisprachig zu kommunizieren. Jon spricht kein Deutsch, so dass wir zu dritt immer Englisch reden. Wenn er kurz weg ist, sprechen Chris und ich natürlich Deutsch, und mit den Franzosen hier versuche ich es auf Französisch.

Nach einem wie immer ziemlich furchtbaren Instantkaffee, den mir das Hotel nebst Wasserkocher gratis zur Verfügung stellt, warte ich jetzt auf den sicheren Sonnenaufgang, den ich sogar von meinem Bett aus bewundern kann. Das Hotel liegt an der Küstenstraße, die sich gerade belebt, und an der Promenade sind schon die ersten Jogger unterwegs (das sollte mir mal einfallen). Nachher brauche ich wohl die Hilfe von Silvio von der Rezeption. Der wunderbar antike Safe ist so sicher, dass ich ihn nicht mehr aufbekomme. Ich bin aber überzeugt, dass mir geholfen werden kann. Der Raucherin in mir ist hier hingegen gar nicht zu helfen, weil im Hotel Rauchverbot herrscht und mein „Balkon“ ein „französischer Balkon“ ist, also eigentlich gar keiner, sondern ein halbhohes Gitter vor dem bodentiefen Fenster. Macht nix – nicht rauchen ist auch ok.

Zur Abwechslung mal ein Sonnenaufgang ... aus dem Zimmerfenster

An der Kundenfront ist es ruhig, obgleich doch gestern ein Arbeitstag war. Wahrscheinlich geht es erst in der nächsten Woche wieder richtig los. Ob die alle in Nizza sind? Die Stadt und die Promenade sind am Tage nämlich brechend voll.

Um viertel nach acht kommen die Buben zu mir ins Hotel zum Frühstücken.

Dienstag, 30. Dezember, 23 Uhr Der Kellner hat heute Morgen ein bisschen seltsam dreingeblickt, als ich ihm sagte, die beiden Herren seien meine Gäste – einen Penny für seine Gedanken ….

Nach der Stärkung an einem Buffet, das abgesehen von der Tatsache, dass es Rühreier aus dem Tetrapack gab, keine Wünsche offen ließ, machten wir uns auf den Weg nach Monaco. Der 2,8km² kleine Stadtstaat mit seinen etwa 37.000 Einwohnern, von denen ungefähr 80% auf Nicht-Monegassen entfallen, ist in den letzten Jahren nicht schöner geworden. Ein Haus neben steht dem anderen und es gibt viele Autos (darunter allerdings ein paar wirklich schöne Exemplare, die man selten sieht), deren Fahrer die Verkehrsregeln frei interpretieren. An unserer ersten Station (Hotel de Paris und Casino) schoss Christian gleich mal die Beweisfotos für seinen Kumpel.

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Dann sind wir das Küstensträßchen entlang nach unten an den Hafen gelaufen, um festzustellen, dass Weihnachten hier etwas länger dauert als üblich. Der Weihnachtsmarkt war noch in vollem Gange – eine spannende Sache für Jon, der Philippine ist und in Singapur lebt. Auf dem Weg haben wir mal einen scheuen Blick auf die Immobilienangebote geworfen und festgestellt, dass wir uns selbst dann kein 50m²-Appartment in Bestlage leisten können, wenn wir alle unsere Rücklagen zusammenwerfen würden. Macht aber gar nichts. Hier würde eh‘ keiner von uns wohnen wollen. Die Tatsache, dass es auf dem Weihnachtsmarkt zwar keine Mohrenköpfe gab, aber dafür einen Stand, der flaschenweise Champagner verkaufte, und das Snackangebot an Austern mit Chablis hat uns in dieser Meinung nur bestärkt. Glühwein gab es aber auch, und den haben wir gekostet – war lecker.

Hier will keiner wohnen

Mit ein bisschen Überredung ist es mir dann gelungen, die Buben, für einen Aufstieg in die Altstadt und zum Grimaldi-Domizil zu gewinnen. Sie haben zwar etwas gemurrt, waren dann aber froh, die sportliche Einlage ertragen zu haben. Enge Gassen gibt es hier zwar auch, aber die sind pittoresk und nett anzusehen. Wenn man sich hindurchgezwängt und allen Andenkenverlockungen wiederstanden hat, wird man mit einem tollen Ausblick belohnt. Nach einer kleinen Stärkung haben wir (auf Wunsch von Chris) einen Abstecher zum Grab von Gracia Patricia gemacht.

Belichtungsfehler

Dann haben wir uns das Ozeanographische Museum vorgenommen. Christian ist begeisterter Taucher. Zu sehen gab es unter anderem auch sehr große Aquarien (wenn auch nicht so große wie in Barcelona) mit fast allem, was das Meer so an Lebendigem zu bieten hat. Meine persönlichen Highlights waren das Quallen-Aquarium und der „Steichelzoo“, wo ich Baby-Haie anfassen konnte. Die waren regelrecht verkuschelt die kleinen Dinger und gebärdeten sich unter meiner Hand fast wie kleine Hunde – nur dass man hinterher nicht nach Hund riecht und auch kein Fell an den Klamotten hat. Vielleicht sollte ich mir einen Hai zulegen. Leider hatten die Herrchen und Frauchen der Haie irgendwas ins Wasser gekippt, das meine Haut gar nicht mochte. Meine Hände schwollen rot an und brannten ordentlich. Das ging aber schnell vorüber und trübt die Erinnerung keineswegs.

Zauberhaft

Nach dem Abstieg haben wir uns noch einen Glühwein gegönnt. Dann ging es per Zug wieder zurück nach Nizza mit dem Ziel, dort irgendwo ein spektakuläres Fisch- und Meeresfrüchte-Dinner einzunehmen.  Dummerweise haben wir uns verlaufen und sind auf der anderen Seite des Hügels gelandet, den wir gestern erklommen hatten. Für einen Weg, der eigentlich nur 20 Minuten dauert, haben wir über eine Stunde gebraucht. Dafür haben wir nun auch den östlichen Teil der Stadt gesehen und wissen, dass es dort aussieht wie in allen anderen Städten. Das Schöne an Nizza sind eindeutig die Altstadt, das Meer und der Colline du Chateau. Nach unserer Tageswanderung waren wir ziemlich k.o. und mächtig hungrig. Aber uns konnte geholfen werden. Wir entschieden uns für „Chez Freddy“ am Blumenmarkt (mit Free WiFi), das mit prächtigen Meeresfrüchte-Platten warb. Und genau so eine haben wir uns bestellt: Austern in verschiedenen Größen, allerlei unterschiedliche Muscheln, Krebse und Garnelenarten haben uns für alle Mühen des Tages entschädigt. Richtig geschlemmt haben wir und viel gelacht.

Nach den abschließenden Schokoladenfondants mit Eis und Sahne, dessen Kaloriengehalt etwa einem Silvestermenü für vier Personen entsprochen haben muss, waren wir alle drei so kaputt, dass wir uns eigentlich nur noch der Ordnung halber zu einem Absacker in die Bar vom Negresco geschleppt haben. Wenn Chris mich nicht eingeladen hätte, wäre das mit 21 Euro der teuerste Cocktail meines Lebens geworden. Die orange-pink-farbene mit zwei Alkoholika angereicherte Flüssigkeit war zudem unspektakulär, aber zumindest die Cocktailkirschen hatten Klasse.

Jetzt gehe ich erstmal wieder mit den Buben frühstücken. Der Kellner wird unseren Anblick heute sicher schon gewohnt sein und weniger drollig dreinblicken. Die Jungs reisen heute Mittag ab, ich heute Abend um sechs.

Mittwoch, 31. Dezember (Silvester) Den halben Tag allein in Nizza habe ich in der Altstadt verbracht und bin über den Blumenmarkt geschlendert.

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Ein Designerkleid habe ich nicht erstanden. Das war ja ursprünglich mal geplant, weil ich gegenüber dem Le Negresco, in dem Christan und Jon ihre müden Häupter abgelegt haben, mit der Wahl meines Hotels (direkt nebenan und mit nur einem Stern weniger) in zwei Nächten ganze 500 Euro gespart habe. Als Souvenir gab es statt Kleid ein Stück Honigseife für 4 Euro 50. Die steht dann später nicht rum und riecht zudem auch gut. Zum Abschluss meiner Kurzreise genehmigte ich mir noch eine noch lauwarme Tarte au Citron, die leider ungefragt durch die Zugabe von Sprühsahne und einer ebenso pappsüßen wie überflüssigen Kirschsauce zu einem „Kuchenteller“ aufgewertet wurde und mich um 8,50 Euro ärmer machte. Zum Flughafen habe ich dann den Bus genommen – für schlappe 6 Euro, um einem nochmaligen Nepp durch niedliche Taxischauffeusen in Polstermäntelchen zu entgehen.

Der Flieger war halb leer; offenbar haben die meisten Menschen am Silvesterabend bessere Einfälle, als wild durch die Gegend zu reisen. Auch deshalb bin ich überpünktlich gelandet – am vorletzten Gate des Flughafens in Frankfurt, um nach einer 20-minütigen Wanderung festzustellen, dass mein Koffer, den ich nach der Gepäckfachknappheit auf dem Hinflug diesmal aufgebeben hatte, am vorletzten aller Kofferbänder ankommen würde … sehr konsequent, finde ich. Taxen gab es genug, so dass ich schon vor neun in der heimischen Stube ankam. Die ganze Bude roch nach Gänsebraten mit Rotkraut. Irgendein Lüftungsschacht scheint durchlässig. In Anbetracht meines leeren Kühlschranks war ich froh, dass ich dank des üppigen Tarte-au-Citron-Menus nicht hungrig war.

Nach den üblichen Urlaubsnachbereitungstätigkeiten (Kofferleerung, Wäschewaschung) wollte ich mich für zwei Stündchen hinlegen und mir in Ermangelung anderer ernstzunehmender Optionen um zwölf das Jahreswechsel-Feuerwerk von Ralfs Balkon aus ansehen. Die Wohnung hat einen guten Blick in Richtung Fluss. Habe mir also den Wecker für halb zwölf gestellt, selbigen aber offenbar im Halbschlaf abgestellt. Geweckt hat mich die mitternächtliche Knallerei. Für den Spaziergang und die 86-Stufen-Erklimmung von Ralfs Wohnung war es da natürlich zu spät. Ist aber nicht schlimm, denn so bin ich der Gefahr entgangen, doch noch sentimental zu werden. Dafür war ich im Halbschlaf nämlich viel zu müde. In diesem Sinne: Happy New Year!

Fazit: Nizza ist selbst im Winter einen Kurz-Trip wert, auch Monaco hat schöne Ecken, und drei Tage zu dritt sind erheblich unterhaltsamer als acht Tage allein im Luxusbunker auf Rhodos.

Rhodos ganz allein

03 Samstag Jan 2015

Posted by anette quentel in Reisen, Rhodos 10/14

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Quentel, Rhodos

Mein erster Alleinurlaub (Rhodos, in einem Hotel mit vielen Sternen und wenig Kindern) startet mit einer durchwachten Nacht.

Tunnelblick

Samstagnacht, 19. Oktober, 1 Uhr (zu Hause) Im Fernsehen läuft ein romantisch-tragischer Film aus Frankreich. In der Sportsbar gegenüber meiner Wohnung ist Party. Normalerweise wäre ich um diese Zeit sicher schon vor dem Fernseher eingeschlafen, aber heute ist das anders. In ein paar Stunden fliege ich nach Rhodos, und ich habe „vorgeschlafen“ – im Kino … schon recht peinlich, aber nicht zu ändern. Offenbar bin ich kaputter als ich mir einzugestehen bereit bin. Morgen beginnt also der dringend nötige Urlaub. Der Koffer ist gepackt: 19,9 Kilo, sicher viel zu viel für die paar Tage, aber dafür bin ich auch für alle Eventualitäten gerüstet, bis hin zum Einschneien; die gesamte Kabelage für die notwendige Technik ist gecheckt und verstaut. Ich werde auf dem Flug noch ein bisschen im Reiseführer lesen, um mich einzustimmen – auf meinen ersten echten „Allein-Urlaub“ – einen Urlaub ohne Kompromisse, aber auch ohne meine Eindrücke mit jemandem teilen zu können. Deshalb habe ich auch den Fotoapparat dabei. Ich fotografiere sonst nur selten, weil ich immer denke, was ich mir nicht merken kann, ist auch nicht so wichtig. Seit dem letzten Winter bin ich sehr oft allein unterwegs gewesen. Und wenn mir etwas besonders gut gefallen hat, oder einfach nur lustig oder skurril war, habe ich Fotos gemacht. Angeschaut habe ich sie nie wieder, aber das ist vielleicht auch nicht so wichtig. Wahrscheinlich musste ich es einfach nur „loswerden“.

Jetzt springe ich mal unter die Dusche und mache mich dann allmählich auf den Weg hierhin http://www.atriumplatinum.gr/de

Sonntagmorgen, 19. Oktober, 4 Uhr (am Flughafen) Das bestellte Taxi kam pünktlich. Der Taxifahrer hat mir erzählt, dass er es hasst, nachts zu arbeiten und dass er keine Sportwagen mag (wie kann so was sein?). Wo Rhodos liegt, wusste er auch nicht – der Mann ist offenbar kein Grieche. Die Stadt war noch voll mit Partygängern und Clubbern, die Straßen waren aber so leer, dass wir innerhalb von 15 Minuten am Flughafen waren. So früh ist hier kaum etwas los. Das bedeutet Würmchen statt langer Schlangen an der Gepäckabgabe und viele geschlossene Restaurants. Eine Kaffeequelle habe ich aber dennoch ausgemacht. Auf dem Weg dorthin stand ein weißer Bechstein-Flügel, an dem sich jeder vergreifen darf, der sich dazu berufen fühlt. Ein kleines Mädchen mit einem Piratenkopftuch saß dran und spielte (zumindest mal für meine Laienohren) fehlerfrei irgendwas Klassisches – klang irgendwie fremd in dieser technischen Umgebung, aber schön.

Auch die Schlange am Sicherheitscheck war gar keine, aber natürlich habe ich das Gepiepe im Tor zur Urlaubsglückseligkeit ausgelöst (wie eigentlich immer), so dass mir mal wieder das zweifelhafte Vergnügen zuteilwurde, von einer kleiner energischen Frau intensiv abgetastet zu werden … muss ein Traumjob für Lesben sein.

Jetzt sitze ich in einer geschlossenen Bar mit Blick auf die Flieger-Dockingstations (ganz schön neblig da draußen), harre bewaffnet mit einem Cappuccino der Öffnung des Gates und vertreibe mir gleich mal die Zeit mit drei kurzen Texten, die ich noch lesen/glätten und am Montag zum Kunden schicken muss. In der Sitzgruppe neben mir haben sich zwei Männer und eine Frau in Jeans und roten T-Shirts platziert. In Anbetracht dessen, dass sie zehn 0,5-Liter-Dosen Bier vor sich stehen haben, formulieren sie noch recht klar und deutlich. Es geht nach „Malle“ (haben sie genauso gesagt), und der Plan ist, nach der Ankunft ein „kleines flüssiges Frühstück“ einzunehmen und sich dann an den Strand zum Schlafen zu legen, abends soll es dann ins „Deutsche Eck“ gehen, was immer das auch sein mag …. Die sind wirklich lustig – erfüllen jedes Klischee.

So, jetzt die Texte lesen….

Sonntagmorgen, 19. Oktober, 7 Uhr (im Flieger): Habe ein Stündchen geschlafen. Der Kinosessel gestern Abend war bequemer, bin aber trotz Nackensteife jetzt erstmal wieder topfit. Und ich hatte Glück: Der Flieger ist fast voll besetzt, aber der Platz neben mir ist freigeblieben. Die Sonne geht gerade auf, unter uns viele Berge, kaum Wolken – sieht schön und wild aus da unten.

Sonntagmittag, 19. Oktober, 12 Uhr Ortszeit (im Hotel) Bin unversehrt gelandet und wurde vereinbarungsgemäß persönlich abgeholt und gut ins Hotel verbracht. Der Versuchung, ein Foto von dem kleinen molligen Chauffeur zu machen, der vor dem Ausgang mit einem Schild stand, auf dem mein Name geschrieben war, habe ich gerade so widerstehen können – hatte aber was. Das Zimmer konnte ich gleich beziehen. Es ist groß, durchgestylt und mit einer Whirlpool-Wanne, einem großen Balkon ausgestattet, der einen frontalen Blick auf das tiefstblaue Meer freigibt. WIFI funktioniert, und es gibt einen für meine Verhältnisse üppigen TV, auch mit ein paar deutschen und englischen Sendern. Das Hotel begrüßt mich mit einem Obstkorb und einer Flasche Rotwein auf dem Zimmer, die ich heute Abend in dem Monsterbett (Kingsize) antesten werde.

ganz schön groß

Wir haben 25° und es ist windig. Im Schatten braucht man ein Jäckchen, aber am Pool liegen alle ziemlich ausgezogen herum – was nicht immer gut aussieht. Offenbar ist das Essen lecker und einige Leute etwas maßlos. Das Hotel scheint nicht ausgebucht zu sein. Höchstens ein Drittel der Liegen ist belegt, und auf den leeren Exemplaren sind auch keine schwarz-rot-goldenen Handtücher auszumachen.

Room with a (sea)view

Jetzt kann Urlaub werden. Ich mache mich jetzt auf den Weg an den Strand – Meer anfassen, und mal sehen ob da unten irgendwer für mich einen Fisch brät. Im Flieger gab es nur eine Käsestulle …

Sonntag, 19. Oktober, abends Aus dem „Meer anfassen“ ist ein zweistündiger strammer Spaziergang geworden – hatte einen ausgeprägten Bewegungsdrang nach der Probe gestern und der Flugzeug-Sitzerei heute. Irgendwann hat sich auch der Wind gelegt. Ich bin in den nächsten Ort gen Norden gelaufen, der aber nichts Spannendes zu bieten hat. Erst danach habe ich mal ein kleines Restaurant in der Nähe des Hotels ausprobiert. Es ziemlich touristisch, weshalb ich auch auf den Fisch verzichtet und mich mit Blick auf das zu erwartende opulenten Abendessen mit einem griechischen Salat begnügt habe. Später habe ich mich dann unter die Walfische am Pool gemischt …

hilft, diszipliniert zu bleiben

… und zwei Stündchen abwechselnd gelesen und geschlafen – eine wundervoll entspannende Tätigkeit, die ich im Zimmer fortgesetzt habe als es kühl wurde. Im Hotelshop habe ich für kleines Geld einen Bikini in Größe 36 gekauft, weil meine hochgeschlossenen Sportschwimmanzüge doch wenig zielführend sind – hey, der erste Bikini seit mindestens 15 Jahren. Ein gutes Gefühl. Ich hoffe nur, dass der am Ende des Urlaubs noch passt.

Das Abendessen war nämlich unglaublich gut  und wird viel Disziplin erfordern: Buffet mit allem was das Nahrungsmittelliebhaberherz begehrt plus ein frisch zubereitetes Hauptgericht (Fleisch, Fisch oder Veggie), dazu eine Glas ganz ordentlichen Weines und viel Wasser. Das Restaurant selbst ist ein bisschen unpersönlich, hat eher Speisesaal-Charme, aber man wohnt ja nicht da. Geredet habe ich heute, mal abgesehen vom Personal, mit niemandem, aber das macht nix – ich rede ja sonst immer ziemlich viel. Hier gibt es nur Paare, aber das macht auch nix. Bin vor allem mal hier, um mich zu erholen und wieder ein richtiger Mensch zu werden.

Und genau deshalb verziehe ich mich jetzt rechtschaffen müde in das große Bett, zappe noch mal durch die für mich verständlichen TV-Programme und werde wohl sehr bald die Guggerchen zumachen.

Morgen werde ich das Frühstücksbuffet testen und dann die alten Steine in Rhodos Stadt erobern.

Montag, 20. Oktober, 10 Uhr 30 Bin gestern wie erwartet ziemlich ohnmächtig in den Schlaf gefallen und heute Morgen auch erst um Acht aufgewacht, mit einer Erkältung im Anzug und ganz kleinen Augen im Gesicht (tippe auf Wasser im Körper). Das Frühstücksangebot ist ebenso opulent wie das Abendbuffet. So etwas habe ich zuletzt im Westin Grand in Berlin erlebt, wo wir immer gewohnt haben, wenn wir in der Hauptstadt waren. Ja, bis vor einem ¾ Jahr war ich noch ein „wir“. Auch darüber, wie mir das selbstgewählte „ich“ gefällt, will ich in diesem Urlaub nachdenken und mal in mich hineinhören, ob ich überhaupt schon wieder bereit wäre für ein neues „wir“, aber nicht schon heute und schon gar nicht vor dem Frühstück, versteht sich. Das lässt in seiner Fülle auch gar keine tiefgehenden Gedanken zu: Geboten wird hier beispielsweise ein Räucherfischbuffet über Full English Breakfast, allem, was Griechenland an Kulinarischem zu bieten hat (wusste gar nicht wie viele verschiedene Sorten Oliven es gibt), Kuchen, und diversen Eierspeisen bis hin zu Sushi. Zum Glück habe ich aber auch eine Ecke mit viel frischem Obst und 2%igem Joghurt ausgemacht, so dass es bei Rührei+Lachs und Obst+Joghurt geblieben ist. Wer will denn schon am frühen Morgen zu Abend essen …

Heute kein Wind. Jetzt checke ich mal, ob ich irgendwas arbeiten muss, wovon ich nicht ausgehe, und mache mich dann per Bus auf den Weg in die „City“.

Laut Wetterbericht wird es ’schland bald sehr kalt. Gestern sprachen sie sogar von Schnee. Hier ist es dagegen nach wie vor schön warm, ab Donnerstag droht aber Regen. Wir werden sehen. Heute habe ich also die alten Steine erobert – viele alte Steine.

mehr alte Steine

Zu „besichtigen“ war auch eine Menge schrecklicher Nippes in der Altstadt, die ohne den ganzen bunten Billigkram sicher sehr schön wäre. So ganz widerstehen konnte ich dem Kaufimpuls aber doch nicht. Ich habe in einem richtigen Schmuckgeschäft einen vergoldeten Silberring erstanden (runtergehandelt von 89 auf 70 Euro), der genau zu einem Halsreif passt, den ich schon länger habe, und zwei Requisiten für den Kirschgarten gefunden: ein Häkeltäschchen für mich als Ranjewskaja (das Handtaschenproblem war noch nicht gelöst) und ein großes Kreuz für Teresa als Warja, die ja immer davon redet, ins Kloster gehen zu wollen. Alle Billigklamöttchen, mehr oder weniger falschen Ledertaschen, Badeschwämme (bestimmt aus der Karibik und nicht von hier), Olivenprodukte, Honiggläser mit „Greetings-from-Rhodos“-Beschriftung, ultrahässlichen grellen Aquarelle von Häusern und Landschaften, die es garantiert nirgendwo auf dieser Welt gibt, und den übrigen Tand habe ich leichten Herzens hängen, liegen und stehen lassen – damit sollen sich mal die anderen Touris über den Tisch ziehen lassen. Kaum zu glauben, dass wirklich so viele Leute diesen Kram kaufen, dass zig Ladenbesitzer davon leben können.

Kleines Mitbringsel gefällig

Ich bin von den diversen Händlern (ebenso wie vom Hotelpersonal) auf allen wichtigen Sprachen dieser Welt angesprochen worden, aber nur einmal auf Deutsch. Offenbar sehe ich sehr international aus. Statt Shoppingrausch bin ich abseits der üblichen Wege durch die mittelalterliche Wallanlage gelaufen, auf einen (sehr kleinen) Turm gestiegen, durch die leeren Teile der Altstadt und am Hafen entlang geschlendert Unterwegs habe ich diverse intakte und kaputte Kirchen und Moscheen angeschaut, alle von außen, weil geschlossen. Essen habe ich glatt vergessen, aber einen Frappé gab es irgendwo auf einem schönen Platz mit einem Eulenbrunnen. Für den Rückweg habe ich mir ein Taxi gegönnt. Die Busse fahren hier so ungefähr-vielleicht-wenn-alles-gut-geht-und-nichts-dazwischen-kommt alle halbe Stunde ….  Sonnenbad musste ausfallen. Ich bin heut Vormittag erst gegen elf Uhr los und war bis halb sechs unterwegs – da war es dann schon zu kühl.

Die Frau, der ich das Kreuz abgekauft habe, hat mir noch ein paar Tipps für meinen Trip nach Lindos gegeben. Irgendwo auf dem Weg dorthin soll es zum Beispiel einen wunderschönen Wasserfall geben, den kaum ein Tourist entdeckt. Den werde ich suchen. Morgen miete ich mir ein Auto und fahre ein bisschen über die Insel. Den angebotenen Mopeds traue ich nicht recht…

Das mögliche 8-Gänge-Dinner habe ich auf 3 Snacks reduziert: Salat, Schwertfisch mit Tomatensugo (ohne den Reis) und zum Dessert Weintrauben + ein paar Bröckchen Käse – ok, ein ganz kleines Stückchen Bakhlava habe ich mir auch noch genehmigt (hmmmmm). Die Weinkarte ist lang, aber es gibt nur zwei Sorten, die glasweise (bzw. in 0,2l-Miniflaschen) ausgeschenkt werden. Die sind hier nicht auf Alleinreisende eingestellt; selbst das stille Wasser ist nur in 1l-Einheiten erhältlich. Der Chefkellner-Fatzke, der gerne ganz auf Französisch macht, hat gestern auch schon „Table for two, Madame“ gefragt, obwohl ich sehr offensichtlich allein war ….Den Namen der Traube des einen Weins hatte ich noch nie gehört, so dass meine Wahl auf die Alternative gefallen ist: eine Cuvée aus irgendwas + irgendwas anderes + Sauvignon Blanc. Das ist kein All-inclusive-Urlaub. Die Getränke und alles außerhalb Frühstück und Dinner gehen extra, aber die Preise sind nicht höher als in Frankfurt – nur beim Cappuccino schlagen sie mit 4,50 Euro zu, aber vielleicht ist das der Bar-Tarif.

Jetzt werde ich die 105 (!) Mails des Tages einsortieren. Ungefähr ein Viertel davon sind Newsletter o.ä., aber der arme Ralf hat gut zu tun. Wenn ich richtig gezählt habe, sind heute zehn Jobs reingekommen (z.T. aber nur ganz kurze Texte oder Projekte mit langen Deadlines). Ich habe ihm angeboten, irgendwas zu übersetzen, wenn es eng wird, aber das wird er nicht wollen, weil er mir diesen Urlaub wirklich gönnt. Habe eben gesehen, dass er schon zwei freie Übersetzer eingespannt hat – und heute ist erst Montag.

Wenn ich es schaffe, so lange wachzubleiben, schaue ich mir nachher einen Film im ZDF an – ZDF gibt’s, ARD nicht. Geredet habe ich auch heute nur mit dem Hotelpersonal und den Händlern in der „City“, aber im Moment fehlt mir das auch noch nicht. So komme ich wenigstens mal zur Ruhe.

das unvermeidliche Sonnenuntergangsfoto

Dienstag, 21. Oktober, 20 Uhr 14 Nachdem laut wetter.com ab morgen Wolken angesagt sind, habe ich Auto und Ausflug spontan verschoben und kurzerhand einen Lese-Döse-Lese-Schlaf-Lese-Tag am Pool eingelegt. Möglicherweise war das die letzte Gelegenheit, ordentlich Sonne zu tanken. Soll ja angeblich glücklich machen – als ob das so einfach wäre. Bis jetzt merke ich davon noch nix, aber mein Gesicht und die schon vorgebräunten Stellen nähern sich schon jetzt allmählich der Farbe eines Wienerwald-Opfers kurz vor dem Servieren. Der Rest hinkt ein bisschen hinterher – befremdlicher Anblick, aber den muss ja gerade keiner außer mir ertragen. Brandschäden sind keine zu vermelden.

Ich war also heute ein echtes Faultier. Hätte nie gedacht, dass das geht, und besonders befriedigend ist es auch nicht, aber man muss es mal gemacht haben, um das festzustellen. Erlebt habe ich somit so ziemlich gar nichts – mal abgesehen von einer theoretischen Reise in die Tiefen des männlichen Denkens und Fühlens (habe das Buch „Männerseelen“ von Björn Süfke durchgelesen), geholfen hat das nicht viel. Ok, Jungs ich verstehe Euch nicht, aber jetzt habe ich eine vage Ahnung davon, warum das so ist. Für einen kleinen Spaziergang hat die Energie vorhin noch gereicht. Dabei ist unter anderem dieses Bild eintstanden …. witzig, was diese Kameras heute alles so können.

Blümchen rot

Mittwoch, 22. Oktober, 22 Uhr 04 Bin geduscht, gesalbt und gefüttert und wieder zurück im Zimmer, wo das ZDF heute Fußball zeigt … und 67 Mails darauf warteten, einsortiert zu werden.

Das war ein Tag voller Eindrücke – um Längen besser als der gestrige. Mit dem geliehenen Auto, einem weißen Peugeot 106, eine nette wendige kleine Kiste für die griechische Inselpampa, bin ich in Richtung Lindos losgedüst, mit einem ersten Stopp an den empfohlenen 7 Springs, wo es jenen beeindruckenden Wasserfall zu begutachten geben sollte … allein, das Ding war ein Witz. Die sieben Quellen waren genau das: sieben kleine Stellen, an denen Wasser aus der Erde tröpfelte, kein Wasserfall. Um allen Missverständnissen vorzubeugen, standen an den sieben Wasserlöchern Schilder mit den Zahlen 1 bis 7. Außer mir hatten sich weitere etwa 20 Touristen eingefunden, die böse Worte ausstießen, missmutig grummelten oder, wie ich, furchtbar lachen mussten ob der fehlenden Attraktion…

Rinnsale

Statt fallender Gewässer gab es allerlei Geflügelgetier zu besichtigen – von der ordinären Ente bis hin zu zutraulichen Pfauen. Weil ich Geflügel lieber esse als beschaue, bin ich flugs weiter gen Lindos …

Nach ein paar Kilometern bin ich eher intuitiv von der Hauptstraße (vergleichbar mit einer schlechten Bundesstraße in good old Germany) an die Küste abgebogen und fand mich kurz drauf in einem kleinen Ort mit einem netten fast einsamen Sandstrand wieder – mit FREE Umkleidekabine. Na, da habe ich die Gelegenheit doch glatt genutzt, mal in den großen Teich zu hüpfen, zum ersten Mal seit etwa 15 Jahren. Das Wasser war ganz warm. Ich hatte schon fast vergessen, dass sich das ein bisschen so anfühlt, als würde man mit Neptun kuscheln. Nach etwa 15 Minuten hatte ich aber genug von der meerischen Zärtlichkeit (das Getränk war schon ziemlich versalzen).

Neptun lässt schön grüßen

Während mich der Wind getrocknet hat, habe ich noch schnell ein Feuerchen in Frankfurt gelöscht. Ein hochnervöser Kunde hat sich telefonisch bei mir beschwert, dass Ralf seinen ultradringenden Job nicht augenblicklich bestätigt hat – na, am Ende war natürlich alles halb so schlimm: Der Job war längst in Arbeit und ging später auch pünktlich raus.

Dann also weiter nach Lindos. Die Säulenreste waren eher jämmerlich, aber der Ausblick war jeden mühseligen Schritt wert. Der Weg dorthin wird einem nicht nur durch unzählige Stufen erschwert, sondern auch von einem Gassengewirr, das ultraeng, zum Teil ziemlich dunkel und vollgestopft mit Händlern ist – auch wieder so eine Altstadt, die sehr schön sein könnte, wenn da nicht die Menschen wären …. Hier habe ich mich dann auch prompt verlaufen und bin in den einsameren Teilen des Örtchens gelandet, wo es dann auch sehr griechisch war. Danach habe ich mir eine hübsche weißblaue Taverne mit Blick über die Küste gesucht und einen kleinen landestypischen Salat zu mir genommen. Bergsteigen macht halt Hunger.

klägliche Tempelreste

Und weiter ging‘s, diesmal quer über die Insel, weil ich auf der Karte einen großen See gesehen hatte. Die Straße dorthin war superkurvig, aber asphaltiert (keine Selbstverständlichkeit hier, tippe auf staatliche Infrastrukturinvestitionen zwecks Belebung der Konjunktur) und quasi autofrei – und er führte durch eine tolle rauhe Wald-Felslandschaft. Ich bin ganz langsam gefahren, weil es so schön war, und weil überall Ziegen rumliefen. Ich konnte ja nicht sicher sein, ob die Hotelküche noch welche gebrauchen konnte. Der See war dann allerdings ein Staudamm, von dem ich zu diesem Zeitpunkt aber fast nichts sehen konnte, weil man nur bis auf 200m herankam. Ein bisschen enttäuscht habe ich wieder umgedreht und wollte den Heimweg über die „Hauptstraße“ antreten, habe mich aber nach einem Blick auf die Karte für eine Abkürzung entschieden. Eine sehr gute Idee, denn dadurch bin ich an einem zauberhaften Ort gelandet: eine kleine Lichtung mit Blick von oben auf eben jenen Staudamm, an den ich vorher nicht herankam. Es herrschte eine unglaublich stille Stille. Immer wieder strichen Vogelschwärme über das Wasser … Das war so einer der Momente, die man lange mit sich herumträgt.

PSSST

Danach ging es aber wirklich nach Hause. Mittlerweile war auch die Sonne schon müde geworden. Dann wird es ja hier auch immer blitzschnell dunkel, und das mit den beleuchteten Schildern muss noch geübt werden. Aber ich habe auf ziemlich direkten Weg zurückgefunden – recht versalzen und schon wieder hungrig. Auf das „offizielle“ Hauptgericht habe ich aber verzichtet und mich auf Rohkost plus Garnelen und Lachs sowie ein Stück Makrele aus dem Ofen beschränkt, ohne Beilagen. So ganz ohne Carbs ging es dann aber doch nicht ab. Ich habe nämlich die Ecke mit selbstgemachten Eis entdeckt … davon mussten es dann doch noch zwei Kügelchen sein.

Jetzt bin ich einigermaßen k.o. und werde bestimmt bald einschlafen.

Donnertag, 23. Oktober, 23 Uhr 28 Der zweite Auto-Ausflugstag liegt hinter mir – heute berichte ich mal eher stichwortartig, weil ich nicht mehr ganz taufrisch bin nach einem erlebnisreichen Tag und dem Lobster-Dinner, das ich mir vorhin gegeben habe. Serviert wurden Hummersuppe mit Monstergarnele, Hummersalat, Fisch-/Meeresfrüchtespieß auf Gemüse, Zitronensorbet mit Ouzo, ein halber Lobster und zum Dessert eine mit Walnüssen gefüllte Baby-Birne mit Vanilleeis – alles lecker, fettarm und (abgesehen vom Dessert) carb-free. Hatte dazu eine 375ml-Flasche Wein (Muscat), eine große Flasche Wasser und danach einen sehr großzügig bemessenen griechischen Brandy mit mehr Sternen als das Hotel hat. Zum Glück bin ich kein Mann. Nach dem vielen Eiweiß hätte ich sonst sicher eine „unruhige“ Nacht. (hihihi).

Heute habe ich also:

(1) ein laut Reisführer „buntes Dorf“ gesehen, dass dringend einen neuen Anstrich braucht,

Anstrich gefällig

(2) eine römische Siedlung erkundet, die auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Es stehen nur noch drei (zugegebenermaßen schöne) Säulen und ein paar Grundmauern

(3) enge Kurven fahren gelernt

(4) zwei Kastelle erstiegen, so dass ich das Wort „Kastell“ für alle Zeiten mit „vielen Treppen“, aber auch mit schönen Ausblicken in Verbindung bringen werde

Tree with a view

(5) den schlechtesten Frappé aller Zeiten getrunken (oder vielmehr nicht getrunken)

(6) drei tote Katzen auf der Straße gesehen und eine lebende Katze gestreichelt, die genauso aussah wie meine tote Mona

(7) ein Weindorf durchfahren, in dem gar kein Wein gemacht wird

(8) noch engere Kurven fahren gelernt

(8) einem ausgesprochen griechisch aussehenden Griechen ein Glas leckeren Pinienhonig (ohne „Greetings-from-Rhodes“-Aufschrift) abgekauft

(9) eine (ausnahmsweise geöffneten) alte Kirche bestaunt, die über und über mit Fresken bemalt war, in der ich aber nicht fotografieren durfte

(10) überholen in engen Kurven gelernt

Nach dem heutigen Sightseeing-Marathon  ist morgen eher Erholung angesagt: lang schlafen, lesen, Sport in der hoteleigenen Muckibude, vielleicht auch eine kleine Beautysession, Spaziergang am Meer.

Das Wetter ist schlecht (wolkig, Regenschauer, vorhin Gewitter) und soll es auch bleiben, und griechisch kann ich immer noch nicht, aber sonst ist fast alles bestens. Geredet habe ich allerdings immer noch mit niemandem. Allmählich wird’s doch ein bisschen einsam.

Freitag, 24. Oktober, 16 Uhr 07 Das mit dem Erholen klappt aber ganz gut. Eigentlich sind 8 Tage zu wenig. Man braucht erst ein paar Tage, um runterzufahren, und wenn man gerade unten angekommen ist, muss man sich schon wieder auf’s Hochfahren vorbereiten. Na, zwei Tage habe ich ja noch.

Die Beauty-Session, so ein Entschlackungs-/Anti-Dellen-Ding, war sehr effizient. Ich bin schön glatt und habe ordentlich entwässert …. Die hübsche zarte Person hat mir zuerst einen „Papier-Tanga“ zum Anziehen in die Hand gedrückt – sah nett aus das Ding an mir, sollte ich mir mal in einer Stoffvariante zulegen, man weiß ja nie. Dann hat sich mich mit einer grünlichen Masse bekleistert, in Alufolie und Handtuch gepackt und 20 Minuten herumliegen lassen. Die Masse hat sich und mich in dieser Zeit ordentlich erhitzt. Danach schickte sie mich unter die Dusche geschickt, drapierte mich auf der Liege drapiert und walkte mich nach allen Regeln der Kunst durch – unter Zuhilfenahme diverser Cremes und Wässerchen. Es wurde abgestrichen, massiert und geklopft (bin gespannt, ob sich morgen der eine oder andere blaue Fleck findet), sie hat tatsächlich eine Stelle entdeckt, an der ich kitzelig bin. Ich dachte immer, das sei bei mir nicht eingebaut, aber man lernt immer dazu … Jetzt bin ich jedenfalls tiefenentspannt, fühle mich straffer an (eigentlich schade, dass niemand was davon hat) und bin schon wieder müde. Vielleicht sollte ich es den restlichen Hotelgästen gleichtun und meinen harten Faulenzertag mit einem Nickerchen unterbrechen. Hier in der Anlage herrscht nämlich gerade gespenstische Stille. Kein Laut außer den obligatorischen Vogelpiepsern, und auf dem Balkon neben mir ist ein ältlicher Brite über einem F. Forsyth eingeschlafen. Während ich genussquält wurde, hat es ordentlich geregnet. Der Pool ist verlassen, die Wege patschnass.

Es bleibt wolkig aber trocken, ich werde aber kein Nickerchen machen, sondern meine Mails sortieren, um zu schauen, was mir am Montag so alles bevorsteht. Dann werde ich mich in ein Jäckchen hüllen, mit dem Fotoapparat am Strand entlang laufen und ein paar Fotos machen, wenn ich was Nettes vor die Linse bekomme.

Samstag, 25. Oktober, 10 Uhr 45 Habe gestern das E-Mail-Sichten verschoben und bin gleich los ans Wasser. Hier wird es ja immer schon so früh dunkel. Der Strand war menschenleer, weil wohl alle Angst vor dem nächsten Regenguss hatten – Recht hatten sie. Ich bin in ein ausgewachsenes Gewitter mit Wolkenbruch geraten und bis auf die Haut nass geworden, aber gelohnt hat sich der Ausflug doch. War ein tolles Naturschauspiel und bevor es richtig anfing zu regnen, habe ich noch einen Riesenfisch gesichtet, der vor der Küste munter mit sich selbst gespielt hat. Mein Versuch,  ihn zu fotografieren gestaltete sich aber schwierig. Zum einen war er naturgemäß immer nur sehr kurz über Wasser, zum anderen ist meine Kamera nun doch nicht ausgestattet. Das Meertier sah aus wie ein Wal, was aber natürlich Quatsch ist. Ich muss nachher noch mal irgendwen fragen, was für Monsterfische sich hier so tummeln. Vielleicht entwickelt sich daraus ein Gespräch – wäre das ersten in diesem Urlaub.

Nach dem Essen (Rohkost, Salat, Fisch – die bieten hier tatsächlich jeden Abend 4-5 verschiedene Arten aus Ofen und Sud – und zwei Kugeln Eis) habe ich dann wirklich ein intensiverer Blick auf die Mail-Massen geworfen… ich werde heute ein bisschen arbeiten, damit am Montag nicht gleich wieder die ganze Erholung zum Teufel ist. Den Film im ZDF, einen Krimi, in dem es neben dem Mord auch um gefakete Filmaufnahmen und Kamera-Drohnen-Belästigung ging,  habe ich natürlich zur Hälfte verschlafen, aber bei der Heute-Show war ich dann wieder wach. Heute Morgen war ich auch schon früh fit, habe das „Kaktus-Buch“ zu Ende gelesen (das allerdings ab der Mitte nicht mehr so interessant ist) und bin spät zum Frühstück, damit ich nicht mitten am Tag plötzlich Hunger kriege. Die Waage in meinem Zimmer sagt, dass ich ein gutes Kilo zugenommen habe. In Anbetracht der enormen Ruhe, des vielen Schlafs und der kulinarischen Verlockungen hier halte ich das für akzeptabel. Das ist bis Ende der nächsten Woche wieder weg.

Nun suche ich mir mal ein gemütliches Plätzchen, um ein paar wundervolle Texte zu übersetzen.

Uuups, jetzt fängt es an zu regnen … hmmm, das hatte ich so nicht gebucht ….

Regen war nicht verabredet

Samstag, 25, Oktober, 13 Uhr 50 Für zwei Sonnenstündchen hat es dann eben doch noch gereicht – alles sehr wechselhaft hier. Wenn es nichts zu Arbeiten gäbe, würde mir jetzt allmählich doch langweilig. Von der im Hotelprospekt angekündigten Animationssache habe ich bislang noch nichts bemerkt … ist wahrscheinlich besser so.

Zu Mittag gibt es ein Äpfchelchen und einen Müsliriegel – diese Carb-free Frühstücke halten nicht lange an, wenn man arbeitet, und das habe ich bis jetzt. In ein/zwei Stündchen dürfte aber alles vollbracht sein. Der Rest ist Urlaub. Habe mir für morgen einen Late-Check-out gesichert, damit ich nicht stundenlang heimatlos und in voller Montur herumlungern muss, bevor ich gegen halb sechs zum Flieger aufbreche. Der Flug soll gegen acht Uhr Ortszeit losfliegen und um 22 Uhr 30 in Frankfurt ankommen (auch Ortszeit). Ich hoffe mal, dass ich das ganze Zeitverschiebungsdurcheinander hinkriege. Zu allem Überfluss wird ja die Uhr heute Nacht umgestellt, aber wird schon. Muss nur aufpassen, auf welche Uhr ich schaue. Die Armbanduhr konnte ich nämlich nicht umstellen, weil sie keine Krone hat und ich den Stellmagneten zuhause gelassen habe. Aber das Handy zeigt mir ja immer die richtige Zeit an, also alles kein Problem.

Gerate gerade ins Schwafeln … jetzt übersetze ich aber noch ein bisschen weiter und danach lasse ich es mir gutgehen. Vielleicht sollte ich heute ausnahmsweise zu einem Sundowner in Form eines kleinen Gin Tonics greifen. Ich war hier bislang alkoholmäßig sehr zurückhaltend: Nix Hochprozentiges außer dem Brandy nach dem Lobster-Dinner und abends nur ein Glas Wein zum Essen, aber alleine trinken hat auch was Erbärmliches.

Sonntag, 26. Oktober, 14 Uhr 05 Mein Abend war ruhig und erholsam. Habe nach dem Abendessen noch ein paar Worte mit dem Chef der Autovermietung gewechselt. Ein Mensch hat mit mir geredet. Zuerst glaubte ich in grenzenloser Selbstüberschätzung, dass das ein Flirtversuch werden sollte. Tatsächlich wollte er mit mir die politische Situation in Europa allgemein und in Griechenland im Besonderen diskutieren. Er sprach aber so schlecht Englisch, dass er mir kaum folgen konnte (ich ihm auch nicht). Deshalb habe ich das Ganze nach 20 Minuten abgebrochen und mich vor den TV verzogen. Heute Morgen ist mir aufgefallen, dass ich in den letzten acht Tagen kein Wort Deutsch gesprochen habe.

Entspannt bin ich jetzt jedenfalls, aber das hat auch Nachteile. Wenn ich ordentlich kaputt bin, schlafe ich immer tief und traumlos. Seit drei Tagen träume ich jede Nacht wirres Zeug. Heute Nacht muss es besonders schlimm gewesen sein. Bin mit viel Salz im Gesicht aufgewacht, kann mich aber nur bruchstückhaft an die Träume erinnern – ist vielleicht besser so.

Heute geht es also wieder zurück. Habe heute Vormittag noch die letzten beiden Sonnenstunden eingefangen und sitze jetzt regengeschützt an der Poolbar mit einem Frappé. Der Koffer ist noch nicht gepackt, aber dafür ist ja gleich noch Zeit. Habe mein Zimmer bis 17 Uhr verlängert und mache mich gegen halb sechs auf den Weg zum Flugplatz (Flughafen wäre wirklich ein zu großes Wort dafür). Das mit den Orts-, Sommer- und Winterzeiten habe ich auch im Griff.

Das war er also quasi, mein erster „Alleinurlaub“ – meine schlimmsten Einsamkeitskummerbefürchtungen haben sich nicht bestätigt. Ich bin in keinen tiefen Frust verfallen, habe mir aber dennoch oft gewünscht, nicht so allein zu sein. Ohne moderne Kommunikationstechnik hätte das möglicherweise anders ausgesehen.

Keinen einzigen Kompromiss eingehen zu müssen, hat durchaus Vorteile, macht aber nicht glücklich. In Zukunft muss ein zweiter Mensch her, oder auch eine Gruppe. Für dieses Mal war es aber ok. Ich war viel mit mir selbst und meinem wirren (Gefühls-)leben beschäftigt, bin aber in Sachen „ich“ oder „wir“ zu keinen neuen Erkenntnissen gelangt. Das lasse ich jetzt mal einfach auf mich zukommen. Vielleicht ist das ja die Erkenntnis.

Gelernt habe ich, dass ich viel besser Urlaub organisieren kann, als ich geglaubt habe. In den „Wir-Kurzurlauben“, die eigentlich immer Städtetrips waren, hat Ralf fast alles geplant und ich dachte, das sei auch besser so. Aber das ist Quatsch…. In unseren Urlauben haben mir auch oft die Ruhephasen gefehlt, der Tag am Pool oder am Strand, und ich wollte immer mal einen faulen Urlaub ausprobieren. Jetzt hätte ich einen haben können, aber das reine Faulsein ist mir schon nach einem Tag langweilig geworden. Vielleicht wäre das zu zweit anders gewesen. Meer und Sonne habe ich aber wirklich genossen. In Zukunft wird es für mich öfter Urlaube im Süden geben. Das weiß ich jetzt auch.

Hier scheint es sich jetzt einzuregnen und es wird ziemlich kühl. Gar nicht so schlecht, dann gewöhne ich mich schon mal langsam an das Wetter, das mich zuhause erwartet. Ich verziehe mich mal auf meine Luxusbude zum Koffer packen.

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